Ungelesener Beitragvon Kilo Mike Sierra » Mi 3. Apr 2019, 00:18
Dieses Thema gerät langsam zu einem Blog (neudeutsch für ein schriftlich und öffentlich geführtes Selbstgespräch). Das liegt sicher auch daran, daß nun bereits fünf Jahre seit dem Verschwinden der 777 ins Land gegangen sind und es kaum neue Erkenntnisse gibt.
Um so mehr Bücher gibt es zum Thema, was an sich bereits erstaunlich ist.
Eines in deutscher Sprache, was bereits im Jahr 2014 erschienen ist, habe ich vor ca. zwei Jahren gekauft. Inzwischen habe ich es bereits zum dritten Mal gelesen - nicht weil es so aufregend interessant wie ein Sachbuch von Holger Lorenz wäre, sondern zum wiederholten "Informationsabgleich".
Das Buch heißt "MH370 - Die Geheimdienstspur" und wurde von Wolfgang Eggert geschrieben. Ich bin durch einen Vortrag des Autoren zum Thema auf Youtube darauf aufmerksam geworden. Der Vortrag war handwerklich nicht sonderlich gelungen (besser könnte ich es leider auch nicht), aber das Interesse an der ausführlichen Darlegung der Erkenntnisse des Autoren in seinem Buch war geweckt.
Ich kann vorausschicken, daß Herr Eggert wesentlich besser schreibt, als er vorträgt. Dennoch hat das Buch einige Schwächen, aber auch Stärken. Für jemanden, der stark am Thema interessiert ist, kann ich das Buch daher empfehlen.
Fangen wir mit den Schwächen an.
Natürlich ist das Buch viel zu früh geschrieben worden. Viele Details waren damals noch nicht bekannt oder so manche der ungewöhnlich vielen Zeitungsenten noch nicht entlarvt.
Erschwerend kommt hinzu, daß der Autor nur laienhaftes Luftfahrtwissen hat. Er müht sich redlich ab, die technischen Dinge korrekt wiederzugeben, aber leider fällt er dabei öfters auf die Nase. Beispielsweise meint er, man könne die Black Boxen nach einem Unfall anfunken oder diese würden selbst ein Peilsignal über große Entfernung senden, um so deren Position ermitteln zu können. Da hat er die Funktion der akustischen Pinger für die Unterwasserortung leider mißverstanden.
Auch Recherchemängel sind manchmal erkennbar, wobei ich mir natürlich heute nicht sicher bin, was damals bereits an gesicherten Informationen vorgelegen hat.
Ein Beispiel möchte ich jedoch nennen, wo der Autor dummes Mediengeschwätz leider ungeprüft übernommen hat. Es gab da die bereits weiter oben erwähnte junge Südafrikanerin, die sich durch Assoziation mit einem großen Ereignis ein paar Tage Bekanntheit sicherte, indem sie den Kopiloten des Fluges MH370 öffentlich in die Pfanne haute. Sie informierte nicht etwa die Untersuchungskommission, sondern die Presse darüber, daß sie und ihre Freundin von einer 737-Besatzung der Malaysia Airlines während eines Fluges verbotenerweise ins Cockpit eingeladen worden waren. Dort wurden einige Fotos in der heute üblichen Selfie-Manier geschossen, die sie ebenfalls der Presse zur Verfügung stellte. Kopilot dieses Fluges war der spätere Kopilot von MH370.
Die sich überschlagende Presse (und wohl auch Herr Eggert) übersahen jedoch trotz der guten Fotos, daß der Kapitän dieses 737-Fluges nicht identisch mit dem des späteren MH370-Fluges war. Trotzdem wurde über alle Kanäle die neue Phantasiegeschichte hinausposaunt, daß der Kapitän der verschwundenen 9M-MRO ein offenkundiges Problem mit der Disziplin gehabt hätte und ein großes Sicherheitsrisiko gewesen sei - und nun sei eigentlich klar, was da passiert sein muß.
Andere immerhin beschuldigten nicht den völlig unbeteiligten MH370-Kapitän, sondern den Kopiloten der Disziplinlosigkeit. Jedoch fragte sich keiner, wie der Kopilot an seinem Kapitän vorbei einfach mal ein paar Mädels mit ins Cockpit gebracht haben soll. Verantwortlich für diesen schweren Regelverstoß war ganz allein der Kapitän der 737, der jedoch keinerlei Verbindung zum späteren Flug MH370 hatte.
Die ganze Geschichte ist faktenfreier Müll und ohne jede Relevanz, ging aber um die Welt.
Dem Autoren ist es hingegen sehr gut gelungen, den weltpolitischen Kontext bzw. die aktuelle politische Lage zum Zeitpunkt des Verschwindens des malaysischen Flugzeuges darzustellen. Auf diesem Gebiet bewegt er sich wesentlich sicherer und man erkennt, daß er hier gründlich und umfassend recherchiert hat. Trotz eigener Rechercheversuche ist es mir vorher nicht gelungen, diesen Überblick selbst zu gewinnen. Die Welt ist groß - wo soll man da anfangen?
Deshalb finde ich diese Komponente seines Buches besonders wertvoll und halte es deshalb für empfehlenswert.
Natürlich entwickelt der Autor im Verlaufe seines Buches auch eine Theorie über den möglichen Hintergrund und den Ablauf des Verschwindens des Flugzeuges. Er hält es für möglich, daß das Flugzeug von dazu fähigen Gruppierungen von außen ferngesteuert worden ist. Während es zutrifft, daß die Avionik der 777 aufgrund ihrer Auslegung für diese Art der Steuerung prinzipiell besonders gut geeignet ist und ein derartiges System von Boeing-Ingenieuren zum Patent angemeldet worden ist, so läßt sich diese These zumindest heute widerlegen.
Ich habe mir die betreffenden Patentschriften angeschaut. Sie beschreiben, was ein solches System leisten können muß und wie es aufgebaut sein könnte. Ein Beweis für die Existenz eines solchen in die Avionik der 777 integrierten Systems sind sie nicht. Es ist auch nichts darüber bekannt, daß jemals ein solches System von der FAA zugelassen worden ist, wobei dieses "Nichtwissen" keine Beweiskraft hat, die Theorie somit nicht widerlegt.
Aber die Umkehrkurve der 9M-MRO, mit der sie vom geplanten Flugkurs abgewichen ist, hatte einen so engen Kurvenradius, daß sie definitiv nicht vom Autopiloten der 777 geflogen worden sein kann. Diese einzelne Fakt reicht völlig aus, um die Fernsteuertheorie sicher auszuschließen.
Bei der Beleuchtung möglicher Motive bin ich zu ähnlichen Schlußfolgerungen wie Herr Eggert gekommen. Auf jeden Fall hält er die (derzeit immer noch populärste) Variante vom aufwendigen und bis zur letzten Minute ausgekosteten Selbstmord des Kapitäns für ziemlich hanebüchen. Ich stimme ihm da in jeder Hinsicht zu.
Eine eigene alles erklärende Theorie zum Verschwinden der 9M-MRO habe ich mir bis heute nicht gebildet, zumal das irgendwie die neutrale Sicht auf die Dinge behindert - besonders auf die Dinge, die nicht zur eigenen Theorie passen wollen.
Ich sehe das Geschehen inzwischen mehr und mehr als eine verdeckte Aktion an, die gescheitert(!) ist und deshalb vertuscht werden mußte. Da mit dem Flugzeug alle Beweismittel verschwunden sind, werden wir womöglich nie erfahren, was mit der Maschine und den Menschen an Bord geschehen ist und wer für die Tragödie verantwortlich ist.
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Thomas
Mein Auto kann ich innerhalb von 5 Minuten komplett "aufladen" (sogar überall unterwegs) und komme damit ca. 700 km weit.