Zentralflughafen Berlin-Schönefeld 1959

Die Deutsche Lufthansa der DDR bestand von 1955 bis 1963.

Moderator: Kilo Mike Sierra

historienquax
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Re: Zentralflughafen Berlin-Schönefeld 1959

Ungelesener Beitragvon historienquax » Mi 13. Mai 2020, 21:20

Kilo Mike Sierra hat geschrieben:Genau. Es stand nur Berlin dran.
An der in den 70er Jahren fertiggestellten Neuen Passagierabfertigung (NPA) stand "Flughafen Berlin-Schönefeld".

Wäre auch richtig so, war schließlich in Schönefeld. Das mit Diepensee 1959 hatte mich verwundert, deswegen meine Nachfrage.
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historienquax
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Re: Zentralflughafen Berlin-Schönefeld 1959

Ungelesener Beitragvon historienquax » So 14. Jun 2020, 14:52

Im Buch "Weg und Absturz der Interflug - Der Luftverkehr der DDR" von KDS findet sich auf Seiten 37-38 folgende Formulierung:

Zunehmend schwierig für die Lufthansa wurde die Situation auf dem Flughafen Berlin-Schönefeld, der noch immer gemeinsam mit einer sowjetischen Militäreinheit unter äußerst restriktiven Bedingungen genutzt werden mußte. Die Piste entsprach nicht mehr den Erfordernissen, konnte wegen einer Straße nur zu drei Vierteln genutzt werden. Das Start- und Landegewicht war auf 40 Tonnen begrenzt. Die Lage zur Hauptwindrichtung entsprach nicht den internationalen Bestimmungen.

Von welcher Piste und welcher Straße ist da eigentlich die Rede? Der Text stammt aus einer Bestandsaufnahme von Anfang 1957. Mit Straße könnte die ehem. Reichstraße 179 gemeint sein da auf der anderen Seite der 2000 Meter langen Hauptpiste 05/23 keine Straße war.

Die Angabe ist für mich nicht nachvollziehbar da die 2000 Meter lange 05/23 auf auf Luftbildern und Karten vollständig dargestellt wird und auch die beidseitig angeordneten Funkfeuer (?) die gleichen Distanzen zu den Schwellen aufweisen. DIe Luftbilder von 1953 lassen auch noch die seitliche Befeuerung erkennen die über die gesamte Länge der Piste vorhanden war.

https://www.mil-airfields.de/deutschlan ... ld-sxf.htm spricht für 1960 von einer Pistenlänge 2370 Meter. Daher muß die Hauptpiste irgendwann zwischen 1953 und 1960 um 370 Meter verlängert worden sein, vermutlich erneut in südwestliche Richtung. Eine Rolle könnte die Tu-104 spielen die ja über 40 Tonnen wiegt.
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Kilo Mike Sierra
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Re: Zentralflughafen Berlin-Schönefeld 1959

Ungelesener Beitragvon Kilo Mike Sierra » So 14. Jun 2020, 18:30

Vielleicht ist die Straße gemeint, die in Verlängerung der Schönefelder Kirchstraße südlich nach Diepensee hineingeführt hat. Diese Straße kreuzte die neu gebaute Verlängerung der Landebahn 05/23. Allerdings teilte sie die Piste nicht im Verhältnis 1/4 zu 3/4, sondern eher 1/3 zu 2/3. Auf einem Luftbild aus dem Jahre 1953 scheint diese Straße die einzige vernünftige Straßenverbindung nach Diepensee zu sein, jedenfalls wenn man aus nördlicher Richtung kommt. Mit dieser Straße muß es ein "Problem" gegeben haben, denn in der Planung für den Flughafenausbau stand nicht nur die Verlängerung der Piste 05/23, sondern auch der Bau einer Umgehungsstraße nach Diepensee.
Straßen, die eine Start- und Landebahn kreuzen gibt es auch heute noch. Das Problem wird durch Verkehrsregelung gelöst, z.B. mittels Ampeln wie in Gibraltar. Das hätte man doch damals auch machen können, indem das sowjetische Militär einen Regulierungsposten dort hinstellt.

Die Start- und Landebahn 05/23 war ursprünglich 960 m lang und wurde unter sowjetischer Regie um 1.076 m auf 2.036 m verlängert. Wenige Jahre später wurde sie nochmals um 334 m auf 2.370 m verlängert.

Ob der Turm der Bohnsdorfer Kirche bei der Anlage der Piste eine Rolle gespielt hat?
Er befand sich genau auf der verlängerten Pistenachse und wäre ein idealer Orientierungspunkt gewesen.
Am 26. April 1956 wurde der Turm jedoch einer Il-12 zum Verhängnis, die kurz nach 7 Uhr beim Anflug im Nebel mit ihm kollidierte.
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Re: Zentralflughafen Berlin-Schönefeld 1959

Ungelesener Beitragvon historienquax » So 14. Jun 2020, 19:09

Kilo Mike Sierra hat geschrieben:Vielleicht ist die Straße gemeint, die in Verlängerung der Schönefelder Kirchstraße südlich nach Diepensee hineingeführt hat. Diese Straße kreuzte die neu gebaute Verlängerung der Landebahn 05/23.

Diese Straße wurde mit dem Bau der Verlängerung der 05/23 unterbrochen, die Ortsverbindung ersatzlos gestrichen.

Kilo Mike Sierra hat geschrieben:Straßen, die eine Start- und Landebahn kreuzen gibt es auch heute noch. Das Problem wird durch Verkehrsregelung gelöst, z.B. mittels Ampeln wie in Gibraltar. Das hätte man doch damals auch machen können, indem das sowjetische Militär einen Regulierungsposten dort hinstellt.

Auf dem Luftbild von 1953 ist deutlich zu sehen das die ursprüngliche Straße quer durch die abgestellten Li-2 hindurchführt, eine der Tragflächen befindet sich sogar über der Stelle wo einmal die Straße war.

Zu sehen ist aber das der Abstand zwischen der Schwelle der 05/23 und der ehem. R167 nicht mal 150 Meter beträgt. Und neben der Straße ist auch noch das Gleis zwischen den beiden Teilen des Flugplatzes - bis wann das zeitlich benutzt wurde weiß ich nicht. Die seitliche Befeuerung ragt dort etwa 120 Meter über die Schwelle hinaus und endet faktisch an der Gleistrasse, kurz dahinter folgt die Straße. Am gegenüberliegenden Ende der Piste 05/23 sieht das deutlich entspannter aus, hier ragt die seitliche Befeuerung exakt 200 Meter über die Schwelle hinaus, die Grenze des Flugplatz folgt nach weiteren 50 Metern. Also die Unterschiede sind da gut erkennbar.

1953.jpg
Luftbild 1953 GoogleEarth
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Re: Zentralflughafen Berlin-Schönefeld 1959

Ungelesener Beitragvon historienquax » So 14. Jun 2020, 19:45

Ein näherer Blick auf die seitliche Befeuerung zeigt zu beiden Seiten Unterschiede. Man beachte die beiden 4er-Punkte im Bezug zum Beginn der befestigen Piste und den weiteren Verlauf der Befeuerung in Richtung Flugplatzgrenze. Wenn erst an der Befeuerung mit den 4er-Punkten die reale 05/23 beginnt dann ergeben das nur noch 1900 bis 1930 Meter Länge. Es wurde versucht zwischen den einzelnen Lampen (?) immer 50 Meter einzuhalten. Da wo etwas "stört" wurde der Abstand vergrößert.
Wenn man sich die Befeuerung betrachtet dann hat vermutlich die ehem. R 167 Einfluß auf die nutzbare Länge der Piste 05/23 gehabt. Die Beschreibung aus 1957 kann sich also darauf beziehen, der Zustand hätte aber dann schon von Anfang an so bestanden. Die Sowjets hat es nicht gestört oder besser formutliert, wir wissen nichts davon. Die Aufteilung in Bruchteile der Piste stimmt aber nicht so ganz.
Zwischenfrage: Konsens beim Detail der Befeuerung?

1953b.jpg
Luftbild 1953 GoogleEarth
Dateianhänge
1953a.jpg
Luftbild 1953 GoogleEarth
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Re: Zentralflughafen Berlin-Schönefeld 1959

Ungelesener Beitragvon Kilo Mike Sierra » So 14. Jun 2020, 22:18

Gut beobachtet - diese Vierfachlichter.
Bei der Landebahn 05 passen diese genau auf den Anfang der Piste, die auf dieser Seite nicht markiert gewesen zu sein scheint.
Bei der Landerichtung 23 könnte es sich tatsächlich um eine ca. 100 m einwärts versetzte Landeschwelle halten, was meist aufgrund der Hindernissituation im Anflugsektor gemacht wird. Bei einer Versetzung um 100 m erzielt man eine um 5 m größere Überflughöhe über dem Hindernis.
Die Landeschwelle 23 scheint andeutungsweise mit einer Linie markiert worden sein. Wie das früher üblich war, weiß ich nicht. Eine querverlaufende Linie auf der Piste kann man allerdings im Endanflug kaum ausmachen. (Heute sind ja überdeutliche riesige Markierungen für die Landeschwelle und die Aufsetzzone vorgeschrieben.) Immerhin wurde die Ausrichtung der Landebahn 23 aufgemalt: 232 Grad magnetisch.

Es gab in einem Band des URANIA-Universums einmal einen längeren Beitrag mit dem Titel "Landekurs 232", in dem ein Flug mit der Il-14 aus der Cockpit-Perspektive beschrieben wurde. Wenn ich mich richtig erinnere, gehörte zu dem Beitrag auch eine ganzseitige Darstellung der Pistenbefeuerung (sowie eine doppelseitige Farbabbildung der Baade 152-II).
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Re: Zentralflughafen Berlin-Schönefeld 1959

Ungelesener Beitragvon historienquax » Mo 15. Jun 2020, 18:58

Kilo Mike Sierra hat geschrieben:ganzseitige Darstellung der Pistenbefeuerung

Das was auf dem Luftbild von 1953 zu erkennen ist stimmt überein mit dem "Schema des Platzes mit Lage der Funkmittel und Höhe der Hindernisse" die sich in den Anlagen des Übergabeprotokoll befindet, unterzeichnet 16.5.1955. Dort wird die SLB 052°/232° mit den Abmessungen 2036 x 60 Meter angegeben. Das Schema zeigt eindeutig gerade auch diese 4er-Punkte. Es ergibt sich ein Unterschied von 100 Metern zwischen der Angabe und dem Abstand zwischen den 4er-Punkten. So gibt es tatsächlich einen Unterschied zwischen der Distanz der Befeuerung mit den 4er-Punkten und der Angabe der Länge der SLB im Dokument. Die Abstände zu den beiden Haupteinflugzeichen stimmen nahezu überein. Das Voreinflugzeichen kann ich nicht ausmachen.

Die Aussage von 1957 Die Piste entsprach nicht mehr den Erfordernissen, konnte wegen einer Straße nur zu drei Vierteln genutzt werden kann ich beim besten Willen nicht einordnen bzw. in der Situation vor Ort nachvollziehen.

Ist jetzt tatsächlich eine Tu-104 auf dieser 1930/2030 Meter-Piste geflogen? Ist bekannt wann die Verlängerung auf diese 2370 Meter erfolgte? 1960 soll die Piste ja schon so lang gewesen sein. Diese Verlängerung muß zwischen 1955 und 1960 erfolgt sein. Kann es sein das sich die Schilderung von der nur zu dreiviertel nutzbaren Piste auf die schon verlängerte Piste bezieht?

Die Entwicklung der Flugsicherung in Ostdeutschland von 1945 bis 1990.jpg
Die Entwicklung der Flugsicherung in Ostdeutschland von 1945 bis 1990
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Re: Zentralflughafen Berlin-Schönefeld 1959

Ungelesener Beitragvon historienquax » So 21. Jun 2020, 14:42

Im Buch Von der Interflug zur Lufthansa AG stehen diesbezüglich komische Sachen drin:

Die Bauarbeiten mussten bei laufendem Flugbetrieb durchgeführt werden, 1959 wurden in Schönefeld bereits 22091 Flugbewegungen registriert. Deshalb musste die bestehende Piste (zur 2000 Meter langen Piste im Nordteil des Flughafen Schönefeld) für die Loren mit der Betonmischung untertunnelt werden. So entstand die neue Piste, die heute noch als Nordbahn des BER genutzt wird.

Hätten da nicht 2370 Meter stehen müssen im Text?

Daraus folgt jetzt mal meine These ob es nicht sein könnte das diese Piste aus den fünfziger Jahren erst verlängert wurde als die neue schon fertig war? Um sie dann auf diese Weise damit zu verbinden. Die Verlängerung erscheint mir auch etwas schmaler ausgeführt worden zu sein.
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Re: Zentralflughafen Berlin-Schönefeld 1959

Ungelesener Beitragvon Kilo Mike Sierra » Mo 22. Jun 2020, 16:55

Genau diese Vermutung hatte ich auch schon, d.h., daß die alte Piste 05/23 zum Schluß noch etwas verlängert wurde, um sie an die neue Piste 07/25 (später 07R/25L, jetzt 07L/25R) als Rollbahn C anschließen zu können, wofür die volle Pistenbreite (50 m ?) nicht erforderlich gewesen ist.
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Re: Zentralflughafen Berlin-Schönefeld 1959

Ungelesener Beitragvon historienquax » Di 23. Jun 2020, 14:04

Also zu den Verlängerungen von Start- und Landebahnen "im Osten" muß man anmerken das diese oft mit reduzierten Breitenmaß durchgeführt wurden. Da wurde dann halt etwas gespart. Umgekehrt bedeutet das aber auch das im vorliegenden Fall die schmalere Verlängerung noch als Start- und Landebahn anzusehen ist. Und irgendwie von der neuen Piste aus betrachtet als eine Art von "Schnellabrollweg".

Ich habe eine andere im Zusammenhang stehende Frage, wie schaut es mit Tu-104 aus, wann sind die denn so zum ersten, zweiten Mal gelandet in Schönefeld. Die Frage zielt auf die Nutzung der alten Piste im Zusammenhang mit der Nutzung durch diesen Flugzeugtyp ab. Ehrlich gesagt kommen mir die etwa 2000 Meter etwas kurz vor.
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