Weinsorten im Bord-Service

Der Betrieb Verkehrsflug der INTERFLUG GmbH war die eigentliche Fluggesellschaft der DDR.

Moderator: Kilo Mike Sierra

Silbertablett
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Re: Weinsorten im Bord-Service

Ungelesener Beitragvon Silbertablett » So 2. Sep 2012, 18:53

il62flyer hat geschrieben:... bin ich mir bei den Weissweinen nicht mehr so sicher, glaube mich aber in dieser Hinsicht auch an rumänische Produkte erinnern zu können. Leider sind mir die Namen der Sorten entfallen.
Ansonsten war auch BOWLE ein Thema an Bord, aber dazu vieleicht später mehr. Meinst du wir können aus dem Nähkästchen plaudern Silbertablett? ;-))

Muscat Ot(t)onel?! Morio Muscat?! Diese Tropfen standen zeitweise sogar im Deli-Laden, je nachdem, wie üppig die RGW-Lieferquoten in die DDR flossen... An Bord, so möchte ich meinen, waren sie Fehlanzeige... vielleicht weil wirklich zu süffigsüß. Mir fällt da eher die Marke "Grauer Mönch" ein oder "Goldener Herbst" - letzterer gern verwechselt mit dem Goldenen Oktober, der von westwärts gelegentlich importiert wurde und z.B. im Spreerestaurant im Palast der Republik ausgeschenkt wurde.

Bowle - ach ja, Freunde, das war schon ein Thema für sich, da tropft mir gleich der Zahn. Wobei die Erinnerung daran ebenfalls unter die Überschrift gehört, dass es genüssliche Erlebnisse gibt, die eben nur und ausschließlich an bestimmte Örtlichkeiten gebunden sind.
Was seinerzeit (n Bord) unter Bowle verstanden wurde, würde ich mir heute nicht mehr zusammenmixen -- oder nur, um zu testen, was ich auf meine alten Tage noch vertrage ... ;-))
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Re: Weinsorten im Bord-Service

Ungelesener Beitragvon Kilo Mike Sierra » Mo 3. Sep 2012, 20:57

Vielen Dank für das Kramen in der Erinnerungskiste. Manche der genannten Weinsorten sind mir tatsächlich noch in Erinnerung - natürlich nur dem Namen nach, der Geschmack hingegen ist verblaßt.

Gab es ein Limit beim Ausschank, z.B. wenn ein Fluggast zu lustig wurde oder erkennbar nur auf das Abfüllen seinerselbst aus war?
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Thomas

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Re: Weinsorten im Bord-Service

Ungelesener Beitragvon Silbertablett » Di 4. Sep 2012, 09:13

Der Alkoholausschank an Bord bei IF war total anders als heute. Es gab grundsätzlich alles umsonst. Cognac und Wodka waren je Kurz- und Mittelstrecke je 1 Fl. verfügbar (Stichwort: Verschlußcontainer). Dem Kabinenpersonal war es freigestellt, entsprechende Bestellungen zu bedienen. Ob geflirtet oder artig bestellt, ein Schnäpperken war immer drin. Auch für Angsthasen, die nach dem Gläschen fröhlicher drein- und mutiger aus dem Fenster blickten.
Im Rahmen des Normservice gab es die Schilkin-Minis - je Fluggast zuweilen wahlweise zwischen hart und soft - d.h. Brandy oder Likörchen.
Bier gehörte zum Standard. Zwei Gläser (Becher) je Fluggast die Norm. 'Wer nett war - siehe oben - kriegte auch mal eine ganze Flasche Sternburger hingestellt. Nochmal: Es gab Normen und es gab die konkrete Situation während des Fluges. Da war der geistreiche Tropfen zuweilen Medizin, Amüsement oder MIttel zur Deeskalation von Ausnahmemomenten.
Der Wein gehörte in dieses Feld nahtlos mit hinein.

Die Frage, wann wer besser nichts mehr zu trinken bekam, blieb dem Feeling der Stewardess überlassen oder wurde anhand des allgemeinen Verbrauchs (Rückflugvorrat durfte nicht auf dem Hinflug verwendet werden) entschieden. Wenn ein PAP augenscheinlich genug hatte, taten wir uns schon selber den Gefallen und bremsten seine Wünsche - wer will schon renitente oder saumselige PAX an Bord haben, vom zunehmenden Gerenne zur Toilette ganz zu schweigen...
Berüchtigt in Sachen Alkohol waren die sogenannten "Fußball-Fan-Flüge zu besonderen Spielen. Die Westberliner Reisebüros boten sowas mit IF an - fragt nicht nach Sonnenschein, was uns damit zugemutt wurde. Besonders auf der Rücktour - in Trauer oder in der Siegereuphorie - hatten wir mit den bereits "voll" einsteigenden Fluggästen unsere liebe Not. Die harmlosesten Fälle waren die, die man anschnallte und in Berlin nicht mehr aus dem Koma kriegte...
Noch mehr Details gefällig?!
;-))
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Re: Weinsorten im Bord-Service

Ungelesener Beitragvon EA-Henning » Di 4. Sep 2012, 12:01

Noch mehr Details gefällig?!

Gern!
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Re: Weinsorten im Bord-Service

Ungelesener Beitragvon Silbertablett » Di 4. Sep 2012, 19:24

Die Menge Alkohol, die an Bord floß, hing nicht nur von der Freigiebigkeit des Kabinenpersonals ab.
Nach BGW (SDA) führten die DDR-Monteure z.B. stiegenweise Bierdosen mit. Wie die das dort einführen konnten, frage ich jetzt mal nicht. Jedenfalls schulterten die Jungs die Gangway rauf ihre flüssige Reiseverpflegung im Zwölferpack - jeder! Im Transitraum für hartes Geld eingekauft. Wer nun die beschränkten Kabinen-Verstaumöglichkeiten der IF-Schmetten vor Augen hat, kann sich die "Idylle" in den Reihen und in den Hutablagen vorstellen. Gutes Bizepstraining für Stewardessen, die Suff-Vorräte von oben hinunter unter die Sitze zu bugsieren.
Manche Stiege erreichte den Zielort nicht - und was will man machen, wenn ein PAP seinen eigenen Kram trinkt?! Im Bord-Taxfree konnte zusätzlich Hartes eingekauft werden.
Es war manchmal wirklich grenzwertig, wie sich unterwegs die Hemmungslosigkeit der PAX entwickelte -- und dann gab es von uns nur noch Saft und Selters.
Was wiederum schwere Diskussionen zur Folge hatte, denn die Jungs wussten, was ihnen zustand.
Eine Kollegin ist auf einen Flug von WAW nach SXF (Fußballflug) in der vorderen Kabine der IL-18 mal regelrecht festgehalten worden und sollte erst "freikommen", wenn aus der Küche neues Bier anrollte. Die Crew im Cockpit konnte durch den Spion das Theater verfolgen und erst, als eine Donnerstimme von vorne über den Lautsprecher eine satte Drohung ausstieß, kamen die Verrückten zur Besinnung.
Die Kollegin verweigerte für den Rest des Fluges die Bedienung der ersten Kabine.
Nach der Landung in SXF standen an der Gangway ein paar mehr Uniformierte als üblicherweise ... und dann sah man dem einen oder anderen Randalebruder aus dem Wedding die blanke Angst vor "Sibirien" an...
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Re: Weinsorten im Bord-Service

Ungelesener Beitragvon EA-Henning » Di 4. Sep 2012, 19:36

Ich kann mir das gut vorstellen, ähnliches kenne ich als Ex-Busfahrer ja auch. Alkohol ist manchmal wirklich der Teufel. Jedenfalls coole Reaktion der Abteilung Cockpit.

Heute allerdings hilft selten die Polizei - mangels Personal.
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Re: Weinsorten im Bord-Service

Ungelesener Beitragvon Kilo Mike Sierra » Mi 5. Sep 2012, 09:48

Silbertablett hat geschrieben:...
Eine Kollegin ist auf einen Flug von WAW nach SXF (Fußballflug) in der vorderen Kabine der IL-18 mal regelrecht festgehalten worden und sollte erst "freikommen", wenn aus der Küche neues Bier anrollte. Die Crew im Cockpit konnte durch den Spion das Theater verfolgen und erst, als eine Donnerstimme von vorne über den Lautsprecher eine satte Drohung ausstieß, kamen die Verrückten zur Besinnung.
Die Kollegin verweigerte für den Rest des Fluges die Bedienung der ersten Kabine.
Nach der Landung in SXF standen an der Gangway ein paar mehr Uniformierte als üblicherweise ... und dann sah man dem einen oder anderen Randalebruder aus dem Wedding die blanke Angst vor "Sibirien" an...

Offenbar waren das nicht die würdigsten Vertreter des anderen Geschlechts. Viele wissen nicht, daß Alkohol ab einer bestimmten Menge sehr unsexy bis häßlich macht (und auch überhaupt nicht mehr schmeckt).
Wenn einer meine Stewardess festhält (Nötigung), hätte ich auch mit einem Looping gedroht und schon mal ein wenig die Propellehebel hin- und herbewegt (Einschüchterung).

Damals gab es ja wohl noch keine Weinflaschen mit Schraubverschluß. Gab es an Bord wenigstens einen vernünftigen Korkenzieher, vielleicht mit Vorrichtung zum Heraushebeln der Korken?
Gelernte Gastronomen lächeln jetzt vielleicht müde, da sie jede Flasche in kürzester Zeit mit einem Messer und einem einfachen Korkenzieher aufbekommen.
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Re: Weinsorten im Bord-Service

Ungelesener Beitragvon il62flyer » Mi 5. Sep 2012, 11:17

Kilo Mike Sierra hat geschrieben:Gab es an Bord wenigstens einen vernünftigen Korkenzieher, vielleicht mit Vorrichtung zum Heraushebeln der Korken?


....zur persönlichen "Standardausrüstung" jeder Stewardess/Stewards bei IF gehörte damals ein sogenanntes Kellnermesser welches wir selber mitführen mussten. Das Kellnermesser war ein "Kombi-Werkzeug": Flaschenöffner, Korkenzieher und kleines Messer in Einem. Die meisten von uns nutzten als "Werkzeugkoffer" dann ein kleines umfunktioniertes rotes INTERFLUG-Kosmetiktäschen welches es auf der Langstrecke gab. Damit dann auch die "Werkzeuge" wieder richtig zugeordent werden konnten, wurden diese mit einem Heftpflaster versehen, auf dieses dann der Name des Eigentümers geschrieben war. Neben dem Kellnermesser war aber empfohlen noch andere Dinge im "Werkzeugkoffer" mitzuführen. Ich kann mich noch an eine Gebäckzange in meinem Sammelsorium erinnern, die sich hervorragend dazu eignete die warmen Essen aus den Öffen auf der Langstrecke rauszuholen.....

...muss mal kramen, davon gibts glaub ich noch Bilder ;-)
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Re: Weinsorten im Bord-Service

Ungelesener Beitragvon Silbertablett » Mi 5. Sep 2012, 17:21

... genau - die persönliche "Öffnertasche" war so ziemlich das WIchtigste im Marschgepäck einer IF-Stewardess. Jeder hat ja so seine Traummesser, auch daheim im Schubfach und wehe, ein Familienmitglied vergreift sich daran!
Bemerkenswerterweise ließ sich am Inhalt der Öffnertasche ablesen, ob wer KA flog oder nicht. Leifheit-Utensilien waren schon damals unschlagbar, das gute Solingenmesser ebenfalls.
Dennoch: Nix ging über den kleinen handlichen und sauscharfen Armee-Dosen-Öffner. Bei den Würstchen-Touren all over the world halfen die Dinger beim Mammutdosenöffnen, wenn alle anderen Hilfsmittel einschließlich Handgelenke am Versagen waren. Bei den Korkenziehern sah es ähnlich aus - jeder hatte seinen Lieblingshelfer. Nicht zu vergessen das spitze Messer für die Obstschälarbeiten. Gibt es heute noch Crews, die von liebe(nde)r Hand geschälte Orangen und Apfelspalten ins Cockpit gereicht bekommen?
Auf Soliflügen, wenn unterwegs gekocht wurde, wurde die Öffnertasche um Rührllöffel, Reibe und andere nützliche Kleinteile aufgestockt. Mein Set war am Ende so voluminös, dass es kaum mehr in der Handtasche Platz fand. Dafür war ich aber für alle Zerlegarbeiten an Bord in jeder Lebenslage störfrei...
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Re: Weinsorten im Bord-Service

Ungelesener Beitragvon Kilo Mike Sierra » Do 6. Sep 2012, 12:23

Ach, heute darf man so "gefährliche" Gegenstände gar nicht mehr mit an Bord bringen.

Diese Beiträge, wie die letzten von Silbertablett und il62flyer, sind wesentlich interessanter und informativer als jeder dieser Fernsehberichte über die INTERFLUG, in denen ich leider immern nur sehr wenig von damals wiederfinde.

Wurden die Weinflaschen beim Einschenken auch elegant in ein weißes Tuch gehüllt?
(Ich mag das. Es hat irgendwie Stil - und der gehört zum Wein.)
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