Wie wurde man Stewardess bei der INTERFLUG ?

Der Betrieb Verkehrsflug der INTERFLUG GmbH war die eigentliche Fluggesellschaft der DDR.

Moderator: Kilo Mike Sierra

Kilo Mike Sierra
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Wie wurde man Stewardess bei der INTERFLUG ?

Ungelesener Beitragvon Kilo Mike Sierra » Di 18. Aug 2009, 11:56

Mir sind gestern gleich zwei Fragen gestellt worden, die ich leider nur zu einem sehr geringen Teil beantworten konnte.

1) Welche Voraussetzungen (d.h. Schulabschluss, Sprachkenntnisse, Körpergrösse usw.) musste man mitbringen, um Flugbegleiter bei der INTERFLUG zu werden?

2) Wie lange dauerte die Ausbildung und was waren die wichtigsten Ausbildungsinhalte?

Die Frage ob es auch Stewards gab, konnte ich immerhin wie folgt beantworten: "Ja, mindestens einen - wenn nicht noch mehr." :-P
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Thomas

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Re: Wie wurde man Stewardess bei der INTERFLUG ?

Ungelesener Beitragvon DDR-WMK » Di 18. Aug 2009, 13:52

Vielleicht kann ich einen kleinen Teil zur Beantwortung beitragen . Es ist allerdings schon etwas mehr als 20 Jahre her .
Meine Schwester hatte sich so etwa Mitte / Ende der 80er Jahre bei der Interflug als Stewardess beworben . Man musste auf jeden Fall den Abschluss der 10 . Klasse haben und eine gute Schullnote ( mind. 2 ) in Staatsbürgerkunde . Pflicht waren mindestens 2 Fremdsprachen , in der DDR meist Russisch und Englisch . Dann musste man vorher eine abgeschlossene Berufsausbildung als Bürokauffrau oder Kellnerin haben , da die Interflug selbst keine Ausbildung anbot , nur im Endeffekt die " Umschulung " zur Stewardess . Zur Grösse usw. kann ich nichts sagen . Meine Schwester war und ist zierlich und schlank und das Vorstellungsgespräch verlief damals auch positiv , es kam dann nur alles ganz anders - wie es im Leben eben so ist .
Aber wir haben ja auch in unserem Forum eine ehemalige Stewardess die mit Sicherheit hier eine genaue Antwort geben kann .
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Sigrid Klein
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Re: Wie wurde man Stewardess bei der INTERFLUG ?

Ungelesener Beitragvon Sigrid Klein » So 23. Aug 2009, 15:43

Hallo, KMS,
Melde mich als ehemalige ....

zu 1. entweder abgeschlossene Berufsausbildung oder Abi

zu 2. Die Ausbildung dauerte 5 Monate, Fächer: M/L, Passagierbetreuung, Technologie des Luftverkehrs, Englisch und Russisch (Sprachkundigenprüfung 1a), Gesundheits-Arbeits-Brandschutz, Geographie, Streckenkunde, Psychologie, Medizin, Typenkunde , (AN 24, IL 18,
TU 134/A , IL 62) sowie Flugsicherung/Navigation.

Bis bald Sigrid
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Re: Wie wurde man Stewardess bei der INTERFLUG ?

Ungelesener Beitragvon DDR-WMK » So 23. Aug 2009, 17:21

..... die Sache mit der Grösse und eventuell dem Aussehen würde mich doch mal interessieren . Stewardessen waren und sind ja eigentlich auch recht hübsche Erscheinungen .
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Sigrid Klein
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Re: Wie wurde man Stewardess bei der INTERFLUG ?

Ungelesener Beitragvon Sigrid Klein » So 23. Aug 2009, 19:38

Hallo, DDR-WMK,


Also, die Mindestgröße war 1,60m.Vor der Einstellung stand das Vorstellungsgespräch und ein Tag FMK.

FMK ist fliegermedizinische Kontrolle, die wir dann übrigens jedes Jahr absolvieren mußten.
Wichtiger, als "hübsch" zu sein, war es , gesund zu sein.
Junge Frauen um die 20 herum sind ja in der Regel nicht häßlich. Bei der FMK wurde beim fliegenden
Personal auf Normalgewicht geachtet.

Im Vorstellungsgespräch wurde da sicher auch schon bischen sortiert, viel macht auch die persönliche
Ausstrahlung aus.

Also, gute Noten, Gesundheit, natürlich auch die Verwandtenaufstellung, ein halbes Jahr Stewardessgrundaus-
bildung und unser schönes, interessantes Fliegerleben konnte beginnen....

Bis bald....
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Kilo Mike Sierra
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Re: Wie wurde man Stewardess bei der INTERFLUG ?

Ungelesener Beitragvon Kilo Mike Sierra » So 23. Aug 2009, 20:17

Vielen Dank für die ausführliche Antwort. Jetzt kann ich diese Fragen vernünftig beantworten, ohne fehlende Detailkenntnisse wieder mit selbst erfundenen Erklärungen vertuschen zu müssen. 8-)

Ich habe aber noch drei Zusatzfragen:

Waren Geographie und Streckenkunde zwei separate Ausbildungsfächer?
Eigentlich hätte man doch die Streckenkunde sehr gut in Geographie unterbringen können.

Wozu diente die Streckenkunde?
Bei den Reiseflughöhen der Tu und der 62 konnte man den Passagieren doch kaum noch etwas "zeigen", da die Luft fast immer so eingetrübt ist, daß nicht mehr viel von der überflogenen Landschaft zu erkennen ist.

Warum wurde Flugsicherung und Navigation in die Ausbildung aufgenommen?
Auf den ersten Blick scheint das ja nicht notwendig zu sein, aber vielleicht ging es um die fliegerische Allgemeinbildung.
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Thomas

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Re: Wie wurde man Stewardess bei der INTERFLUG ?

Ungelesener Beitragvon DDR-WMK » So 23. Aug 2009, 20:29

Sigrid Klein hat geschrieben:Hallo, DDR-WMK,


Vor der Einstellung stand das Vorstellungsgespräch und ein Tag FMK.

FMK ist fliegermedizinische Kontrolle, die wir dann übrigens jedes Jahr absolvieren mußten.
Wichtiger, als "hübsch" zu sein, war es , gesund zu sein.



Recht vielen Dank Sigrid für Deine komplexen Ausführungen ! Es ist doch einfach nur schön , wenn man auch kompetente weibliche Wesen in diesem Forum hat .
..... die FMK in Königsbrück habe ich zur Genüge kennen gelernt .
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Re: Wie wurde man Stewardess bei der INTERFLUG ?

Ungelesener Beitragvon Sigrid Klein » Mo 24. Aug 2009, 20:21

Hallo, KMS, da bin ich wieder.....

Zu Deinen Zusatzfragen:

Ja, Geographie und Streckenkunde waren zwei verschiedene Fächer. Die hätte man schon zusammenlegen können,
aber so war die Ausbildung natürlich gründlicher, nicht so eine "Schnellbesohlung", wie heute üblich.

Wie kommst Du darauf , daß man aus 8ooo m bis 12000 m Höhe nichts sieht ? 35 min nach dem Start in SXF, leichte Linkskurve,
ein Fluß, eine große Stadt , ein Blick auf die Uhr, das war Prag !!!!
Man sieht nur nichts, bzw.verschwommen, wenn es eine (fast) geschlossene Wolkendecke gibt.

In Flugsicherung und Navigation hatten wir nur eine ganz geringe Anzahl von Stunden, aber immerhin fühlte ich mich "rundherum"
ausgebildet und wußte , wie das Flugzeug seinen Weg findet und was der Navigator so treibt, haha.


Frag ruhig weiter.......
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Re: Wie wurde man Stewardess bei der INTERFLUG ?

Ungelesener Beitragvon Kilo Mike Sierra » Mo 24. Aug 2009, 21:33

Ja, wenn man im Kurvenflug auf der Innenseite zum Boden schaut, dann mag die Sicht vorübergehend besser sein. Ich finde jedoch, dass man generell aus den heutigen Reiseflughöhen nicht so besonders viel erkennen kann. Das liegt zum Teil an den grossen Entfernungen bei der Schrägsicht zum Boden. Aber nicht nur die Höhe ist schuld, sondern auch die mir fast überall schmutzig-trüb erscheinende Atmosphäre (mit einem Stich ins bräunliche).
Vielleicht war das ja früher nicht so schlimm.

Ich glaube, Flugbegleiter werden heute leider nicht mehr mit Flugsicherung oder Navigation konfrontiert. Auf einem sehr billigen Flug hörte ich einmal, dass ein Passagier fragte, wie das Flugzeug bei dem Nebel landen könne. Die freundlich lächelnde Antwort lautete "Bei Nebel schalten die Piloten die Nebelscheinwerfer ein und auch die Landebahn wird hell beleuchtet."


Hier habe ich ein kleines Souvenir für Dich. Ich glaube, unser Kabinenpersonal nannte das ein Saugblättchen.
Bild

Da fällt mir gleich noch eine schöne, aber auch abstrakte Vokabel aus der IF-Kabine ein: das "Ausheben". Das bedeutete, ein Glas vom Tisch des Fluggastes hochzunehmen, um es nachzufüllen oder einzusammeln.
Das Hinstellen/Servieren eines gefüllten Glases wurde wohl als "Einsetzen" bezeichnet.
Erinnere ich mich da richtig?
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Thomas

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Re: Wie wurde man Stewardess bei der INTERFLUG ?

Ungelesener Beitragvon Sigrid Klein » Di 25. Aug 2009, 16:47

Hallo, KMS,
Danke für das Saugblättchen!!!!!Erinnere mich, alles schön rot -weiß....
Ja, und Einsetzen und Ausheben gibts in der Gastronomie, was ja ein gut Teil unserer Arbeit war.
Nun noch mal zur Sicht aus großer Höhe.Ich erinnere mich an Flüge in Hochdruckwetterlagen (wie jetzt zur Zeit), wo man einfach immer nur am Fenster hängen wollte, einfach nur schön!!Ich erinnere mich in Reiseflughöhe über Bratislava bis nach Wien Sicht gehabt zu haben.
Oder die Flüge nach Karachi, da ging es stundenlang übers Gebirge und es war alles zu sehen(Afghanistan). Dort ist allerdings auch keine Wetter-
küche.Es kann schon sein, daß es aufgrund der Luftverschmutzung heute nicht mehr so gut ist.Muß mal ehemalige Kollegen fragen, die heute noch bei der Lufthansa fliegen.
Bis bald Sigrid
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