Unfall der Helios Airways 737-300 bei Grammatiko

Kilo Mike Sierra
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Re: IF Flugkapitän abgestürzt (HELIOS-Unfall)

Ungelesener Beitragvon Kilo Mike Sierra » Mi 17. Jul 2013, 09:36

Die Sauerstoffmasken der Passagiere liefern nur für ca. 12 Minuten Sauerstoff (ausreichend für einen Notsinkflug auf 10.000 ft).
Die Kabinenbesatzung verfügte über vier tragbare Sauerstofflaschen, die jeweils bis zu 2 1/2 Stunden reichen können.
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EA-Henning
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Re: IF Flugkapitän abgestürzt (HELIOS-Unfall)

Ungelesener Beitragvon EA-Henning » Mi 17. Jul 2013, 09:39

Mit Kabinenbesatzung meinst Du aber Reihe 1, der Steward ist ja abhängig von den Systemen in der Passagierkabine. Und dürfte der Mann auch gewesen sein. Deshalb wundere ich mich ja.
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Re: IF Flugkapitän abgestürzt (HELIOS-Unfall)

Ungelesener Beitragvon Kilo Mike Sierra » Mi 17. Jul 2013, 09:49

Nein, ich meine wirklich die Kabine. (Für die Cockpitbesatzung gibt es ein separates, fest installiertes Sauerstoffsystem.)
Die vier erwähnten Flaschen befanden sich an verschiedenen Positionen in der Passagierkabine.
Mit diesen Flaschen kann man einen Passagier bei Bedarf mit Sauerstoff versorgen und sie geben dem Kabinenpersonal im Falle eines Druckverlustes Bewegungsfreiheit in der gesamten Kabine.
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Re: IF Flugkapitän abgestürzt (HELIOS-Unfall)

Ungelesener Beitragvon EA-Henning » Mi 17. Jul 2013, 09:58

Okay, das war mir so nicht bekannt.
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Re: IF Flugkapitän abgestürzt (HELIOS-Unfall)

Ungelesener Beitragvon Kilo Mike Sierra » So 11. Aug 2013, 16:51

Der Helios-Unfall ist alles andere als aufgeklärt.
Dazu weist der offizielle Untersuchungsbericht zuviele Lücken und zuviele Vermutungen auf.
Außerdem basiert er auf der völlig unbewiesenen Annahme, zwei „inkompetente“ Piloten hätten das Steuersystem für die Druckkabine falsch bedient (siehe oben).
Im Bericht steht, die Zusammenarbeit der Piloten wäre mangelhaft gewesen, ihre Checklisten hätten sie nicht sorgfältig abgearbeitet und den alles entscheidenden Schalter für die Regelung des Kabinendruckes in der Stellung MAN (manuelle Kabinendruckregelung) belassen.

Woher will man das so genau gewußt haben?

Es war niemand dabei und der Cockpit Voice Recorder (CVR) enthielt nur die letzten 30 Minuten (bis zum Ausfall des zweiten Triebwerkes), als die Piloten längst handlungsunfähig waren.
Die Checklisten hätten sie nach Noten singen und den fraglichen Schalter während des Fluges hundertmal zwischen AUTO und MAN hin- und herschalten können, ohne daß die Nachwelt es jemals erfahren hätte.
Oben genannte Behauptung wurde jedoch kühn in den Bericht geschrieben und gleichzeitig an anderer Stelle im Bericht dokumentiert, daß man über die fragliche Zeit und die Abläufe in Cockpit und Kabine keine ausreichenden Informationen besitzt.
Diesen Mangel an Informationen glich man aus, indem man kurzerhand Kritikpunkte aus früheren Simulator- und Line-Checks (speziell des Copiloten) in den Unglücksflug projizierte und da Ganze mit Mutmaßungen über mögliche Auswirkungen kultureller Unterschiede zwischen beiden Piloten vermischte. Das wurde professionell und im Brustton größter Überzeugung formuliert sowie mit kleinen Exkursen in die junge Wissenschaft der „Human Factors“ gewürzt – aber am Ende waren es immer noch völlig unbewiesene Annahmen.

Der gleiche Bericht stellt aber auch fest, daß die Druckkabine des Flugzeuges in den Tagen und Wochen und Monaten vor dem Unfall mehrere Fehlfunktionen (bis hin zur Dekompression im Flug) gezeigt hatte. Einen kausalen Zusammenhang mit dem Unfall stellt man jedoch nicht her, obgleich sich dieser geradezu aufdrängt.


Und dann ist da noch ein hochgradig unerklärlicher Sachverhalt, den die Untersuchungskommision aus unerfindlichen Gründen einfach nicht erwähnt.
Mit aufgesetzten Sauerstoffmasken und im Angesicht 115 bewußtloser Passagiere benötigte das Kabinenpersonal mehr als zwei Stunden, um im Cockpit einmal nach dem Rechten zu sehen.

Zur Verdeutlichung dieses Mysteriums hier einige Zeitangaben aus meiner „Timeline“, die ausschließlich auf dem offiziellen Bericht basiert:
- 09:07 Start in Larnaca
- 09:15 Sauerstoffmasken fallen aus der „Decke“ der Passagierkabine [Flughöhe 18.200 ft, Kabinenhöhe 14.000 ft]
- 09:21 Cockpitbesatzung reagiert nicht mehr (auf Anrufe per Funk) [Flughöhe 30.000 ft]
- 09:27 Passagier-Sauerstoffmasken sind leer, Passagiere werden bewußtlos* [Flughöhe 34.000 ft]
- 11:30 bis 11:47 CVR registriert keinerlei Geräusche im Cockpit (außer fremden Funksprüchen und Warnsignal für Kabinenhöhe)
- 11:48 Flugbegleiter entriegelt die Cockpittür (unter Nutzung der Notfallprozedur) und nimmt den linken Pilotensitz ein
- 11:49 linkes Triebwerk fällt aufgrund von Treibstoffmangel aus [Flughöhe 34.000 ft]
- 12:00 rechtes Triebwerk fällt aufgrund von Treibstoffmangel aus [Flughöhe 7.100 ft]
- 12:03 harte Bruchlandung im Gelände und Zerstörung des Flugzeuges


*) Spätestens jetzt (ca. 09:30) muß mindestens ein Mitglied des Kabinenpersonals den Ernst der Lage erkannt haben, auf portablen Sauerstoff übergegangen sein und alle seine Bestrebungen auf sofortigen Zugang zum Cockpit gerichtet haben.

Jetzt schaue man sich den Zeitraum zwischen dem Kippen der Situation in der Kabine und dem Rettungsversuch im Cockpit an. Es sind sehr lange 2 h 21 min.

Der offizielle Untersuchungsbericht schreibt, man wisse nichts konkretes über die Aktivitäten des Kabinenpersonals. Das ist sachlich richtig. Warum man sich der überaus drängenden Frage nach der extrem langen und objektiv bekannten Zeitspanne bis zum Eingreifen im Cockpit nicht stellt, ist jedoch sehr merkwürdig.
Das ist sogar die entscheidende Frage. Das Kabinenpersonal, vor allem weil sich unter ihnen ein qualifizierter Pilot** befand, hatte es in der Hand, den Unfall abzuwenden oder seine Folgen zu mildern.

**) ca. 270 Flugstunden, CPL/IFR-Lizenz, MCL-Ausbildung begonnen, 737-Simulator-Erfahrung

Hier wird also auch dem Kabinenpersonal gigantische Inkompetenz unterstellt, ohne daß man es offen in den Bericht geschrieben hat.

Nur was hat das Kabinenpersonal in dieser Zeit gemacht?

Niemand kann es sagen. Dennoch ist eines klar. Es ist völlig unvorstellbar, daß die handlungsfähigen Mitglieder der Kabinenbesatzung nach 09:30 noch etwas anderes versucht haben, als ins Cockpit zu den Piloten zu gelangen.

Daraus ergibt sich sofort die nächste, im offiziellen Bericht ebenfalls nicht gestellte Frage.

Was kann die Flugbegeleiter daran gehindert haben, sich schnellstmöglich Zugang zum Cockpit zu verschaffen?

Zwischen Kabine und Cockpit gibt es nur ein einziges Hindernis: die gesicherte Cockpit-Tür.


Hätte Flugbegleiter Andreas Prodromou es geschafft, ca. 25 Minuten früher ins Cockpit zu kommen, so hätte es ihm durchaus gelingen können, die 5B-DBY mit laufenden Triebwerken in Athen zu landen.
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Re: IF Flugkapitän abgestürzt (HELIOS-Unfall)

Ungelesener Beitragvon Kilo Mike Sierra » So 14. Aug 2016, 13:37

Heute jährt sich die Helios-Katastrophe zum elften Mal - und sie geht mir nicht aus dem Kopf. Wie oben geschildert ist der Unfall nicht korrekt aufgeklärt worden und am Geschehen völlig Unbeteiligte sind zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt worden (mit der Option, sich für 75.000 € freizukaufen). Das betraf u.a. den Chefpiloten der Helios Airways, dem der absurde Vorwurf gemacht wurde, er hätte "inkompetente Piloten" eingestellt und so den Unfall erst ermöglicht.

Seit meinem letzen Beitrag vor drei Jahren habe ich noch weiter recherchiert, vor allem weil in dem Untersuchungsbericht die überaus bedeutungsvolle Frage völlig ausgeklammert worden ist, warum das Kabinenpersonal mehr als 2 Stunden zum Öffnen der Cockpit-Tür benötigte.
Die Vorgänge in der Kabine während dieser langen 2 1/2 Stunden sind natürlich kaum zu rekonstruieren. So bin ich der Frage nachgegangen, wer vom Kabinenpersonal über den Emergency Access Code für die gesicherte Cockpit-Tür verfügte. Es war nur Louiza Vouteri, die Purserin. Sie kannte den Code seit April 2005. Andreas Prodromou, der sich am Ende Zugang zum Cockpit verschaffen konnte und den Versuch einer Notlandung unternahm, hatte den Code nicht - auch nicht seine anderen Kollegen.
Die Vermutung liegt nahe, daß Frau Vouteri nicht mehr in der Lage gewesen ist (früh bewußtlos geworden?), die Cockpit-Tür zu öffenen. In diesem Fall wäre sie auch nicht in der Lage gewesen, den Code an ihre Kollegen weiterzugeben. Somit wäre eine mögliche Erklärung für die lange Verzögerung, daß die anderen Flugbegeleiter den Code fieberhaft in ihren Aufzeichnungen und ihrem Gepäck suchen mussten - und das mit aufgesetzten Sauerstoffmasken.

Von der Untersuchungskommission wäre zu erwarten gewesen, daß sie die gleichen Überlegungen angestellt und eine daraus resultierende Sicherheitsempfehlung gegeben hätte. 121 Tote wären ein ausreichender Grund dafür gewesen, das Tabu der gesicherten Cockpit-Tür einmal zu brechen und deren bislang totgeschwiegenen Sicherheitsrisiken anzusprechen.
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Re: IF Flugkapitän abgestürzt (HELIOS-Unfall)

Ungelesener Beitragvon EA-Henning » So 14. Aug 2016, 15:07

Ist der Kapitän nicht mal in Berufung gegangen?
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Re: IF Flugkapitän abgestürzt (HELIOS-Unfall)

Ungelesener Beitragvon Kilo Mike Sierra » So 14. Aug 2016, 17:40

Mit dem "Kapitän" meinst du wahrscheinlich den bulgarischen Chefpiloten der Helios Airways.
Einen Antrag auf Berufung hat es sicherlich gegeben. Ich erinnere mich vor allem an eine internationale Petition zur Wiederaufnahme des Verfahrens. Es lagen neue Erkenntnisse der kanadischen Flugunfalluntersucher vor, die das offizielle Untersuchungsergebnis komplett in Frage stellten. Leider wurde das Verfahren nicht wieder eröffnet, was auch ein bezeichnendes Licht auf die europäische Justiz warf. Das Verfahren hätte auch ohne Petition wieder aufgenommen werden MÜSSEN.
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Re: IF Flugkapitän abgestürzt (HELIOS-Unfall)

Ungelesener Beitragvon EA-Henning » So 14. Aug 2016, 20:02

Mit dem "Kapitän" meinst du wahrscheinlich den bulgarischen Chefpiloten der Helios Airways.

Ich muss mich für meine unklare Äusserung entschuldigen. Du hast natürlich Recht, ich meinte den Chefpiloten.

Die Vorgehensweise der Justiz ist unterirdisch und eine gute Basis auch für Legendenbildung.
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Re: IF Flugkapitän abgestürzt (HELIOS-Unfall)

Ungelesener Beitragvon Kilo Mike Sierra » So 14. Aug 2016, 20:59

Dieser Flugunfall war eine Katastrophe, aber alles was danach kam, ist gleichermaßen eine Katastrophe gewesen. Allein der Vorwurf, inkompetente Piloten eingestellt und sich damit in schwerer Weise (10 Jahre Haft!) strafbar gemacht zu haben. Beide Piloten hatten eine gültige Verkehrspilotenlizenz (ATPL), eine gültige Typenlizenz für die 737 und ein gültiges medizinisches Tauglichkeitszeugnis. Beide waren nachweislich kompetent, eine 737 zu fliegen. Wie kann ein Gericht diese einfache Tatsache anders beurteilen?

Zur Erinnerung, am 2. Februar 2013 hatte eine Berufungsgericht in Athen drei der vier Angeklagten, den Helios Firmenchef Demetris Pantazis, den Flugbetriebsdirektor Andreas Kikkides und den Chefpiloten Ianko Stoimenov, des Totschlages und grober Fahrlässigkeit für schuldig befunden. Der Chef-Ingenieur Alan Irwin, der das Flugzeug nach einer Leckprüfung der Druckkabine für den anschließenden Flug freigegeben hatte, war fast schon überraschenderweise freigesprochen worden.
Ein Schwurgericht in Nicosia hatte dagegen alle diese Anklagen fallengelassen.
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