Gab es bei der IF auch SW -IL62 Crew?

[Silbertablett]

Was wir heute noch immer mit WEST-OST-Animositäten antreffen, gab es freilich damals auch. Und so rümpften beim Einstieg Reinickendorfer, Neuköllner oder Spandauer schon mal wegen der "Russenflieger" die Nase.
Was allerdings einen triftigen Grund haben konnte, denn leider (!!) war den IF-Maschinen ein Geruch eigen, der selbst dem Personal unangenehm in die Nase stieg. Glücklicherweise verlor der sich nach wenigen Minuten. Insofern erstarb das auf der Gangway ehrlicherweise aufgesetzte Gast-Lächeln beim Einstieg schnell und uns blieb nichts weiter übrig, als das zu übergehen, bestenfalls einen flotten, entspannenden Spruch zu landen.
Im Flugverlauf trennte sich, das dürfte heute nicht anders sein, stimmungsmäßig die Spreu vom Weizen. Wer Schliff im Leibe hatte, benahm sich so, wie es sich gehörte, kriegte für "Bitte" und "Danke" sogar ein Bier extra. Wem das zu anstrengend war, wer sich als was Besseres ansah, der ließ die Freundlichkeit des Kabinenpersonals an sich abprallen oder motzte nach Belieben. Das führte unter Kolleginnen schon mal (hinter dem Küchenvorhang) zu einer deftigen Bemerkung... Was ich sagen will: Es gab solche und solche.
Mein persönlicher Sport war der, dass ich gerade die "Meckerköppe" ins Visier nahm und mit ausgesuchter Zuwendung (ohne ihnen in den A... zu krabbeln) erreichte, dass sie sich bestgelaunt von uns verabschiedeten. Auch Flugbegleiter haben sowas wie eine Berufsehre.
Wenn es dann doch mal zu einem Beschwerdebrief kam, den wir artig bei unseren Chefs ablieferten, wurden wir daran erinnert, dass wir Repräsentanten unseres Staates waren.
Man mag darüber heute lächeln, doch versetze man sich in die damalige Zeit, dann dürfte jedem, der dabei war, aufstoßen, wie feindselig zuweilen die beiden deutschen Staaten miteinander umgesprungen sind und nicht selten bildete sich diese Distanz in zwei Stunden Flugzeit lebendig ab.
Um noch eine andere Parallele zu heute zu ziehen:
Der Westberliner SchwarzMeer-Charter wurde in erster Linie von Touristen gebucht, denen das Geld nicht so locker saß. Wie uns die Reiseleiter erzählten, flogen Familien mit Kindern außerordentlich preisgünstig. Ich will jetzt nicht mit dem Begriff des Billigfliegens hantieren. Doch stieg allein deswegen nicht immer die "creme de la creme" der Menschheit bei uns ein. Das wiederum brachte zuweilen bizarre Situationen beim TAX-FREE-Verkauf hervor, wenn sich für Akteure wie Beobachter der Eindruck auftat, als sei man auf dem Flohmarkt...
Der Bord-Service der INTERFLUG jedenfalls war durchweg kostenfrei. Für Westberlin-Charter sogar einen Tick besser als auf anderen Linien. Was jedoch mit dem Charter-Preis vom Veranstalter mitgebucht und mitbezahlt wurde. Und so kam es nicht selten vor, dass wir auf dem Rückflug "leergetrunken" waren - auch und gerne, weil es - zu beiderseitigem Vergnügen - etliche Extra-Biere zu servieren galt...

[EA-Henning]

Das war üblich, in DM zu bezahlen. Man flog ja im Auftrag des Veranstalters. Auch in meiner Zeit als "Trucker" und "Bus-Choffier" war in Ländern mit schwächer Binnenwährung die Zahlung von Kost & Logie sowie technischer Support in DM, britische Pfund oder Dollar zu leisten. Manchmal ging auch Franc, Kronen oder Schilling. Allerdings hatte ich letztes Geld ganz selten.

Aber das wird, hoffe ich, Silbertablett noch schreiben.

[Silbertablett]

TAX-FREE war reiner Devisenhandel. Jede harte Währung war willkommen. Auf Westberlin-Charter üblicherweise DM, wobei wir jeden Dollar, sofern ein Gast damit hätte zahlen wollen, akzeptiert hätten.
Im NSW-Linienflugverkehr gestaltete sich der TAX-Free-Verkauf nicht nur wegen des weit umfangreicheren Artikelvolumens zuweilen anstrengend. Man erinnere sich, dass es in der DDR in den Siebziger Jahren noch nicht weit her war mit Taschenrechnern etc. Die Preislisten der verschiedenen Währungen wurden mühselig mit Papier und Stift angefertigt und sobald eine Preis- oder Kursänderung von der MITROPA verfügt wurde, hatte man die ganze Rechnerei von vorn zu beginnen.
Ebenso nervtötend die Frage des Wechselgeldes. Das Kabinenpersonal bekam keineswegs in allen denkbaren Währungen Kleingeld mitgeliefert. Da musste schon mal mit Kaugummi oder Hitschler oder Maoam und dergleichen Kleinteilen ersatzweise "rausgegeben" werden. Keine Frage, das passte nicht jedem Fluggast und ich erinnere mich nicht so gern an die elenden Diskussionen allein um "Bitte haben Sie es passend!"

[EA-Henning]

Du hättest dich einfach Dein Smartphone benutzen können. Da ist doch eine Taschenrechner-App drauf.

[Silbertablett]

Ach ja, Henning, wir sind ja für gute Witze dankbar!!!!

[Silbertablett]

Im Ernst, rund um dieses Thema gab es einige Turbulenzen; unabhängig davon, ob die Bord-Preisgestaltung von Hand errechnet wurde oder ob der eine oder andere Flugbegleiter sich bereits im NSW einen Taschenrechner zugelegt hatte. Zum Beispiel mutierten die äußerst billigen Zigaretten zum regelrechten Zankapfel. Wer auf der Hin-Tour den 9-DM-Stangenpreis mitkriegte, war auf der Rücktour heiß darauf, bis an die zulässigen Zoll-Grenzen zuzuschlagen. Abgesehen davon, dass sich die Hin-PAX für den Urlaub mit billigen Glimmstengeln eindeckten, konnte selbst das Ausgangsvolumen niemals für den Bedarf von 76 Rücktour-PAX reichen. Ganz Ausgeschlafene wollten auf der Hin-Tour ihre Traumsorten für die Rücktour "bestellen". Ich kann Euch sagen, liebe Leser - wer meinte, zu kurz gekommen zu sein, der zog ganz schön vom Leder.
Und schwups - da war er wieder, der Ost-West-Knatsch!