Der Überschallflugverkehr war ausschließlich für "Paradestrecken" konzipiert. Aeroflot ging jedoch davon aus, daß alle langen Inlandsflüge zu den größeren Flughäfen dafür in Frage kamen, dazu einige Auslandstrecken .EA-Henning hat geschrieben:Kilo Mike Sierra hat geschrieben:1974 ging man noch davon aus, daß die Tu-144 (und die Concorde) zahlreiche internationale Flugverbindungen und Inlandlinien übernehmen würde.
Ich glaube aber, das sowohl den Amies, den Franzosen/Britten als auch den Sowjets zu diesem Zeitpunkt bereits klar war, dass gerade aus Treibstoffgründen ein Einsatz dieser Flugzeuge ausschliesslich auf "Paradestrecken" sinnvoll ist. Insofern sollte diese Aussage reines Marketing sein.
Die Überlegungen aus den 60er Jahren, daß der Überschallflugverkehr nahezu den gesamten Unterschallflugverkehr auf Mittel- und Langstrecken ablösen würde, war spätestens Mitte der 70er Jahre aufgegeben worden.
Das hat funktioniert, jedoch nicht für jeden beliebigen europäischen Flughafen. Aus Paris und London heraus wurden die Flugstrecken so geplant, daß der Steigflug mit Mach 0,95 geflogen wurde und der Supersonic Acceleration Point erst über Wasser erreicht wurde (z.B. über dem Ärmelkanal oder westlich von Lands End.EA-Henning hat geschrieben:Kilo Mike Sierra hat geschrieben:Die durch den Überschallknall verursachten Umweltprobleme wollte man durch geeignete Streckenführung umgehen.
In den sowjetischen Weiten vorstellbar. Aber in den enger besiedelten Gegenden Europas?
Über der dichtbesiedelten europäischen Landmasse ist Überschallflug ausgeschlossen. Über den Weiten der Sowjetunion war es praktikabel (mangels Protest).EA-Henning hat geschrieben:In der UdSSR ist das vorstellbar. Aber in Europa? Um Geld zu verdienen hätte man sicher versucht, Ab Paris oder London zu fliegen.Kilo Mike Sierra hat geschrieben:Auch die besonderen Anforderungen an die Flugsicherung aufgrund des erforderlichen ungehinderten Steigfluges (ohne jegliche Unterbrechungen durch eingelagerte Horizontalflug-Segmente) sowie des daran anschließenden "Reisesteigfluges" (cruise climb) hielt man durchaus zu Recht für lösbar.
Die Sowjetunion besaß keine Beförderungsrechte ex Paris oder London, somit wäre dort (oder anderswo) nur ein technischer Stop möglich gewesen. Dieser wäre allerdings auch zwingend erforderlich gewesen, denn einen nonstop-Flug von Moskau nach New York konnte die Tu-144 mangels Reichweite nicht absolvieren. Um einen nonstop-Flug nach New York unter Umgehung bewohnter Landmassen auszuführen, hätte die Tu-144 mit Mach 0,95 erst bis nach nach Murmansk fliegen müssen. Die erforderliche Reichweite für diesen Flug hätte ca. 8.500 km plus erforderliche Reserven betragen müssen. Ohne technischen Stop war dieser Flug weder für die Tu-144 noch die Concorde zu machen.
Eine Tu-144 der ČSA hätte für den Flug von Prag nach New York mit Überschall ab Ärmelkanal "nur" 6.800 km benötigt, aber auch das war aufgrund der ungenügenden Reichweite unrealistisch. Prag-Havanna hätte sogar 8,600 km erfordert.
Es verwundert daher nicht, daß das Interesse der ČSA an der Tu-144 nicht lange vorhielt.
Auch die INTERFLUG hätte keinerlei Gewinn vom Einsatz der Tu-144 gehabt. Die einzig praktikable Route wäre Berlin-Havanna mit Überschall ab Westküste Dänemark gewesen, wofür ca. 8.650 km Reichweite (plus Reserven) erforderlich gewesen wären.
Jedenfalls ist im Nachhinein verständlich, warum die Überschallverkehrsflugzeuge keine Verkaufsrenner geworden sind. Der technikbegeisterte "Geschwindigkeitswahn" der 60er Jahre (Überschall-Verkehrsflugzeuge, Shinkansen, Magnetschwebebahnen, Tragflügelboote, Luftkissenboote usw.) war der Realität am Ende unterlegen.