André mußte erst seinen INTERFLUG Airbus 310 Kalender für das Jahr 2021 herausbringen, bis ich jetzt zufällig in einer mit A310 beschrifteten Mappe ein lange vermißtes Papier aus dem Jahr 1988 gefunden habe. Es handelt sich um zwei A4-Seiten mit meinen handschriftlichen Aufzeichnungen, die ich während der Informationsveranstaltung des Generaldirektors der INTERFLUG, Dr. Klaus Henkes, zum Thema Einführung Airbus 310 angefertigt hatte. Wenn ich mich richtig erinnere, so fand die Veranstaltung im sogenannten Lektionssaal in der alten Passagierabfertigung an der Ramp 1 statt.
Wie ich weiter oben schon einmal aus dem Gedächtnis geschildert habe, begann der GD damit, die aktuelle und zukünftige Flottensituation zu erläutern. Er erinnerte daran, daß jedes Jahr absehbar mehrere Flugzeuge nach Erreichen der Grenznutzungsdauer die IF-Flotte verlassen würden.
Hier seine Statistik der bereits erfolgten und zukünftigen Ausmusterung von Flugzeugen:
Somit würde sich unsere Flotte im Verlaufe von acht Jahren von 44 Flugzeugen um insgesamt 26 Flugzeuge auf einen Bestand von nur noch 28 Flugzeuge verringern.
Als Ersatz kämen Tu-154M und Il-62M in Frage, die aber im benötigten Zeitraum nicht lieferbar seien. Bei der Erwähnung der Il-62M wies der GD darauf hin, daß dieser Typ schon seit 1973, d.h. seit 15 Jahren im Einsatz sei.
Mit Il-96 und Tu-204 sei frühestens ab 1993 zu rechnen.
Der IF würden bereits 1989 drei Langstreckenflugzeuge fehlen, um die Aufgaben des Flugplanes zu erfüllen.
Die Beschaffung von drei Flugzeugen des Typs A310-300 hätte für die IF folgende Vorteile:
- 12 Stunden Non-Stop Flugzeit bei Verwendung von zwei zusätzlichen Treibstoffcontainern
- verbesserter Passagierkomfort
- Einsparung von Ausbildungskosten durch das Zwei-Mann Cockpit
- Flugstundenkapazität von 4.000 Fh pro Jahr und Flugzeug
Die Rückzahlung des erforderlichen Valutakredits würde durch folgende Umstände erleichtert:
- technischer Stop in Gander zum Auftanken entfällt
- IF könnte vom Image der Billigfluglinie abrücken und vermehrt Geschäftsleute und Mittelstand anziehen
- der Einsatz der A310-300 sei eine gute Vorbereitung auf die sowjetischen Großraumflugzeuge
- relativ billige Wartung über Lufthansa Technik
- kein eigenes Ersatzteillager erforderlich
- kein Vorhalten eigener Ersatztriebwerke notwendig
- Ausbildung der Piloten fast vollständig auf modernen Flugsimulatoren
Der GD sprach weiter davon, daß die Kennziffern Bestandteil der Qualitätsgarantie seinen, womit er wohl die Flugleistungsdaten aus dem Airbus-Prospekt meinte.
Auf den Linien der INTERFLUG sollten zukünftig etwa 80 Prozent DDR-Bürger, 12 Prozent Passagiere aus dem sozialistischen Ausland und 8 Prozent West-Passagiere befördert werden.
Die "IF-Gewerkschaft" hätte das Zwei-Mann Cockpit bereits akzeptiert.
Die Lufthansa hätte das beste von insgesamt fünf vorliegenden Angeboten zur Wartung vorgelegt.
Dr. Henkes hob hervor, daß IF einen für ihren Bedarf maßgeschneiderte A310-Version bekäme. Gleichzeitig lobte er das gute Engineering von Airbus Industrie.
Die Ausbildung der Flugbesatzungen in Toulouse (Type Rating) sei im Kaufpreis inbegriffen. Alles weitere Training würde bei Lufthansa durchgeführt.
Zuletzt ging er auch noch auf die Flugpreispolitik ein, d.h., warum die IF mit Dumping-Preisen agieren könne. Dazu nannte er die folgenden Gründe:
- vergleichsweise niedrige Anschaffungskosten der sowjetischen Flugzeuge
- günstigerer Preis für Flugtreibstoff im Osten
- Wettbewerb (Was er damit genau gemeint hat, ist mir heute unklar. Etwa den sozialistischen Wettbewerb?)
- "sozialistische Planwirtschaft (Harmonie)" (So steht es wörtlich auf meinem Zettel.)
- geistiges Potential der IF-Mitarbeiter
- Integration von Flugsicherung und Flughäfen (d.h. alles unter dem Dach der INTERFLUG)
- Enthusiasmus unter seinen IF-Mitarbeitern
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