Suchoi Superjet 100 Vermisst

Moderator: Kilo Mike Sierra

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Re: Suchoi Superjet 100 Vermisst

Ungelesener Beitragvon EA-Henning » Di 29. Mai 2012, 17:07

Dann sehe ich zwei mögliche Szenarien:

1. man hat "weggehört".

2. Die Triebwerke brachten nicht schnell genug Leistung, um auszuweichen.
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Flieger sterben nicht, sie fliegen nur höher!

Kilo Mike Sierra
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Re: Suchoi Superjet 100 Vermisst

Ungelesener Beitragvon Kilo Mike Sierra » Mi 30. Mai 2012, 12:09

Zu 2:
Die Triebwerke werden sich gefragt haben 'Warum fliegen wir gerade auf diesen Berg zu?'
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Thomas

Mein Auto kann ich innerhalb von 5 Minuten komplett "aufladen" (sogar überall unterwegs) und komme damit ca. 700 km weit.

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Re: Suchoi Superjet 100 Vermisst

Ungelesener Beitragvon Kilo Mike Sierra » Do 31. Mai 2012, 08:52

Der Flugdatenschreiber ist nun auch gefunden und geborgen worden.
Somit kann der Unfallhergang sehr wahrscheinlich vollständig aufgeklärt werden.
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Thomas

Mein Auto kann ich innerhalb von 5 Minuten komplett "aufladen" (sogar überall unterwegs) und komme damit ca. 700 km weit.

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Re: Suchoi Superjet 100 Vermisst

Ungelesener Beitragvon Kilo Mike Sierra » Do 10. Jan 2013, 19:05

Die inzwischen abgeschlossene Untersuchung des Unfalles hat ergeben, daß der Unfall im wesentlichen aus der Kombination schwerer Mängel bei der indonesischen Flugsicherung (ATC) sowie mangelhafter Cockpit-Disziplin und fehlender Systemkenntnis resultiert ist. Das Flugzeug selbst wies keinerlei Mängel auf.

Als der Flugplan des Demonstrationsfluges bei ATC einging, wiesen die Flugdatenbearbeiter dem Flug den ICAO-Typ-Code der Suchoi Su-30 zu. Das ist jedoch kein Verkehrsflugzeug, sondern ein Jagdflugzeug. Der Radar-Lotse betrachtete daher das Flugzeug auf seinem Display nicht als ziviles, sondern als militärisches Flugzeug. Diese falsche Information beeinflußte später seine Entscheidung, den Flug in dieser bergigen Region auf 6.000 ft sinken und einen Vollkreis fliegen zu lassen. Ein Verkehrsflugzeug hätte er in diesem Luftraum keinesfalls so tief sinken und manövrieren lassen.

Die Besatzung forderte die Sinkfreigabe auf 6.000 ft an, nicht weil sie ihren Passagieren die Landschaft zeigen wollten*, sondern in Vorbereitung auf den Landeanflug auf die Landebahn 06 des Flughafens von Jakarta-Halim.
Das gleiche gilt für den geflogenen Vollkreis. Dieser diente nicht dem Sightseeing*, sondern um vor Erreichen des Flughafens genug Höhe abzubauen.

Zu dieser Zeit erklärte der Kapitän einem Kundenvertreter die Funktion des Geländewarnsystems (TAWS bzw. EGPWS). Da sich vor dem Flugzeug flaches Gelände befand, merkte der Kapitän an, daß das Gelände im Moment kein Problem darstelle.
Den Vollkreis flogen sie mit Hilfe des Autopiloten, indem der Kapitän den Kurswähler nach rechts drehte, zuerst auf einen Steuerkurs von 333°, dann noch vor Erreichen dieses Kurses drehte er ihn in Etappen weiter auf 033°, 103°, 150° und schließlich 174°, so daß das Flugzeug die ganze Zeit eine Rechtskurve flog.
Inzwischen diskutierte man mit dem im Cockpit anwesenden Fluggast Fragen des Treibstoffverbrauches.
Spätestens als das Flugzeug begann, auf dem zuletzt eingestellten Kurs von 174° in den Geradeausflug überzugehen, hätte der Kapitän den Kurswähler weiter nach rechts auf ca. 200° drehen müssen. Doch er wurde in diesem Moment von seinem Copiloten zum dritten Male in Folge gefragt, ober er einen weiteren Vollkreis beabsichtige oder Halim jetzt direkt anfliegen wolle. Dieser antwortete, er wolle den Anflug direkt ausführen. Er wies seinen Kollegen an, die Anflugfreigabe einzuholen und war dann damit beschäftigt, den Steuerkurs zur Rückkehr nach Halim zu ermitteln. Der Copilot wollte ihm dabei behilflich sein, aber der von ihm vorgeschlagene Wert, erschien dem Kapitän nicht korrekt. Darauf bat er seinen Copiloten, von der Flugsicherung die Freigabe für einen Rückkehr-Kurs von 020°, Sinkflug auf 1.600 ft und den VOR/DME-Anflug auf die Landebahn 06 einzuholen.
Die geschilderte Diskussion über den weiteren Flugverlauf, dauerte eine Minute. In dieser Zeit flog das Flugzeug auf dem zuletzt eingestellten Kurs von 174° geradeaus, hatte also den beabsichtigten Vollkreis nach Süden verlassen und war bereits ca. 4 NM (7,5 km) in Richtung Mount Salak geflogen.

Jetzt wurde der Kurswähler schließlich auf 325° gedreht. Die dadurch eingeleitete Rechtskurve führte das Flugzeug genau zum Gipfel des Mount Salak, der aufgrund von Bewölkung genauso wenig sichtbar war wie der Boden unter dem Flugweg des Flugzeuges.
Daraufhin wurde, 38 Sekunden vor dem Aufschlag, die erste Terrain-Warnung "Terrain ahead! Pull up!" ausgelöst. Danach ertönte innerhalb von sechs Sekunden sechs mal** "Avoid Terrain!" Der Kapitän stellte die Terrain-Warnung jedoch ab, da er annahm, die gespeicherten Geländedaten seien nicht korrekt. Offenbar wähnte er sich nach wie vor über flachem Gelände und traf daher diese verhängnisvolle Fehlentscheidung. Mit der Abschaltung des Warnsystems deaktivierte er zudem die graphische Anzeige des Terrains auf dem Navigation Display.

Sieben Sekunden vor dem Aufschlag, als das Gelände unter dem Flugzeug bereits sehr weit angestiegen war, ertönte die Warnung, daß das Fahrwerk nicht ausgefahren sei. Diese wird ausgelöst, wenn die vom Funkhöhenmesser gemessene Höhe über Grund geringer als 800 ft und das Fahrwerk nicht ausgefahren ist.

Die Untersuchungskommission hat ermittelt, daß die Kollision mit dem Berg bis zu 24 Sekunden nach Ertönen der ersten Geländewarnung, d.h. bis 14 Sekunden vor dem Aufschlag, noch hätte abgewendet werden können.


Weitere kleine und große Glieder in der Ereigniskette:

Die Flugplanung, speziell des beabsichtigten Flugweges, war unzureichend. Eine vor dem Flug erforderliche Flugplanänderung wurde nicht direkt zwischen ATC und Besatzung ausgehandelt, sondern zwischen ATC und der von Suchoi beauftragten lokalen Handling Firma. Am Ende hatten ATC und Besatzung unterschiedliche Auffassungen über den freigegebenen Flugweg für diesen Flug nach Instrumentenflugregeln (IFR)

Auf den an Bord vorhandenen Flugkarten waren die Berge nicht eingezeichnet.

Die indonesische Flugsicherung hatte für verschiedene Gebiete keine Mindesthöhen für die Radarführung vorgesehen.

Das Radar-System der Flugsicherung, welches das Gebiet um den Mount Salak abdeckt, verfügte über kein funktionierendes Warnsystem für Unterschreitung der sicheren Mindestflughöhe.

Der allein arbeitende Radar-Lotse war mit insgesamt 14 Flugzeugen in seinem Sektor völlig überlastet, da er aufgrund von Personalmangel auch noch die Aufgaben seines nicht vorhandenen Assistenten sowie die seines ebenfalls nicht vorhandenen Supervisors ausführen mußte.
Der Grad der Überlastung des Fluglotsen zeigt sich auch in dem Fakt, daß er das Fehlen der Suchoi erst 18 Minuten (!) nach dem Absturz bemerkte.

Quelle: NTSC Aircraft Accident Report KNKT.12.05.09.04


*) Die eifrigen Amateuer-Flugunfalluntersucher in diversen (auch deutschen) Internet-Foren hatten die Presseberichterstattung mit ihren zusammengereimten "Fakten" erfolgreich in die falsche Richtung gelenkt.
Nicht jeder unverstandene Vollkreis dient dem Amüsieren der Passagiere.
Den potentiellen Kunden sollte auch nicht der in Google Earth so beindruckend aufragende Vulkan, sondern das Flugzeug demonstriert werden.


**) Sehr ungünstiges Timing. Eine in dieser sinnlos dichten Folge ausgegebene Warnung verlangt fast schon instinktiv nach Abschaltung.


Auch dieser Unfall zeigt einige klassische Zutaten:
- fehlerhafte Informationsweitergabe (Flugzeugtyp)
- fehlende Informationen (Gelände auf den Flugkarten)
- fehlende Sicherheitsnetze (Höhenwarnung am Radar-System)
- Nichteinhaltung der Cockpit-"Sterilität" (keinerlei Ablenkungen oder Privatgespräche zulassen, wenn tiefer als 10.000 ft)
- fehlendes Wissen über Funktionsweise der Bordsysteme (auch bei zweifelhaft erscheinenden Terrain- oder Kollisionswarnungen sofort ausweichen - diskutiert wird später)

Die Besatzung war sich zu keiner Zeit bewußt, daß sie sich bei diesem Flug in die Nähe von hohen Bergen begeben hatte. Das geht aus der ungläubigen Reaktion auf die Terrain-Warnung und auch aus den angefragten Sinkflugfreigaben hervor.

In der Berichterstattung seit Veröffentlichung des Abschlußberichtes findet sich zumeist die Schlußfolgerung, der Absturz sei aufgrund der "Unfähigkeit" der Piloten eingetreten. Mir erscheint es daher angebracht, darauf hinzuweisen, daß bei einem IFR-Flug nicht die Besatzung, sondern die Flugsicherung für den Flugweg verantwortlich ist. Das schließt die Gewährleistung der Hindernisfreiheit und ausreichenden Staffelung gegenüber anderen Luftfahrzeugen ein.
Der von seinen Chefs allein gelassene Lotse hatte leider keine Chance, diese verantwortungsvolle Aufgabe zu erfüllen (siehe auch Flugzeugkollision bei Überlingen).

Hätten die Piloten den Vollkreis aufgrund von Unaufmerksamkeit bei der Flugführung nicht für kurze Zeit verlassen, so wäre der Unfall ebenfalls nicht passiert.
Es gehört heute auch schon eine gewisse Unkenntnis der modernen Warnsysteme dazu, wenn man sie bewußt ignoriert, nur weil man eine andere Idee von der aktuellen Situation des Fluges hat.

Die Verantwortung muß also geteilt werden.
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Thomas

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Re: Suchoi Superjet 100 Vermisst

Ungelesener Beitragvon EA-Henning » Do 10. Jan 2013, 22:35

Es ist durchaus Interessant, wie schnell geäusserte Vermutungen zu angeblich Fakten werden. Da fehlt weniger die Professionalität. Es ist der Druck, Zeitungen zu verkaufen. Und hier kommt der Kunde ins Spiel, nämlich der allgemeine Mensch.
Der will eben (leider-) nur solche Storys.

Aber ich bin Froh, das die "Ehre" des SSJ-100 gerettet ist.
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Re: Suchoi Superjet 100 Vermisst

Ungelesener Beitragvon Kilo Mike Sierra » Fr 11. Jan 2013, 16:54

Ich habe meinen obigen Beitrag noch etwas überarbeitet und wichtige Informationen ergänzt.
Leider ist der Beitrag dadurch nicht kürzer geworden.
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Thomas

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Re: Suchoi Superjet 100 Vermisst

Ungelesener Beitragvon EA-Henning » Fr 11. Jan 2013, 22:34

Den sehr ergiebigen Beitrag sollte man an FR, Aero und Co senden.
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Re: Suchoi Superjet 100 Vermisst

Ungelesener Beitragvon Flieger Bernd » Sa 12. Jan 2013, 15:52

EA-Henning hat geschrieben:Den sehr ergiebigen Beitrag sollte man an FR, Aero und Co senden.

Richtig, ich habe das mal rumgereicht >> http://www.mucforum.de/showthread.php/1 ... en/page280
... hier wird also gelesen


Ergänzung
>> http://www.dephub.go.id/knkt/ntsc_aviat ... elease.pdf
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