Gab es 1944/´45 Kampfflugzeuge mit Bordradar?

Kilo Mike Sierra
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Gab es 1944/´45 Kampfflugzeuge mit Bordradar?

Ungelesener Beitragvon Kilo Mike Sierra » Di 18. Dez 2018, 02:52

Ich habe kürzlich auf Youtube eine Kindersendung des MDRs mit dem irgendwie nichtssagenden Titel „Echt“ angeschaut. Das Thema der Sendung war allerdings interessant. Es ging um das Nurflügelflugzeug Horten H IX oder auch Ho 229.
Man gab sich einige Mühe, das Flugzeug als das erste „Stealth“-Flugzeug oder den ersten „Tarnkappen“-Bomber darzustellen. Nun ja - eine steile These, die mir nicht sehr überzeugend scheint.
Aber in diesem Zusammenhang äußerte einer der zu Wort kommenden Experten, die allierten Flugzeuge seien damals bereits mit Radar ausgerüstet gewesen.
War das wirklich der Fall?
Welche Flugzeuge waren das?
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Thomas

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bluemchen
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Re: Gab es 1944/´45 Kampfflugzeuge mit Bordradar?

Ungelesener Beitragvon bluemchen » Di 18. Dez 2018, 13:15

Hallo Thomas,
zu beiden Sachfeldern ein "Ja", kurz zu letzterem: Zu der Uhrzeit >grins< kann es sich nur um Nachtjäger gehandelt haben ...
Tatsächlich, seit 1943 im Einsatz, geht es um das Lichtenstein-Radar von Telefunken.
Umgerüstet wurden die Focke-Wulf Bf-110g und die Junkers Ju-88r und es gab das "verkannte Genie", die Heinkel He 219. Verkannt deswegen, weil die LW-Führung unter Milch trotz überzeugender Nachweise (4 Lancaster in einer Nacht u.1 Pilot eliminiert) die Serie ablehnte.
Eine moderne Mikrowellen-Anlage wurde getestet, kam nicht mehr zum Einsatz
Mehr unter: https://www.luftkrieg-ueber-europa.de/d ... nte-genie/
und https://en.wikipedia.org/wiki/Lichtenstein_radar

Zum ersten Teil: Da ist mir nicht ganz klar, wie das in eine Kindersendung kommt, nu ja, polytechnisch gesehen, vielleicht. ABER: Der Mann hatte wohl recht!
Die Horten-Brüder, Ingenieure, waren ihrer Zeit jahrzehnte voraus. Nicht ganz klärbar heute ist sicherlich - ingenieurtechnische Weitsicht oder Zufall
Zum Kriegsende wurden in den Werken der Geheimwaffenproduktion die te. Unterlagen vom Reißbrett verbrannt, die Amerikaner erkannten aber das Potential und verbrachten alles Verfügbare, fertiggestellte Muster wie Teile in die Staaten.
Und das verrückte: Northrop hat in seiner Entwicklerwerft 2009 die -229 im Detail und Materialgerecht nachgebaut, auf einen Mast gehievt und von allen Seiten mit den damaligen Frequenzen beleuchtet:
Ergebnis: Die Engländer hätten den Anflug dieser Maschinen über dem Kanal nicht bemerkt! Genau genommen, so spät, das keine Reaktionszeit mehr geblieben wäre (summierend keine Radarsignatur + hohe Geschwindigkeit)

Es gibt dazu eine N24 Dokumentation (habe sie erst jetz im Recorder gelöscht) "Das unsichtbare Flugzeug". Ab und zu i.d. Wdh.
https://www.welt.de/geschichte/zweiter- ... aehig.html

Soweit kurz dazu, aber ob das Kinder verstehen?
R.
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Re: Gab es 1944/´45 Kampfflugzeuge mit Bordradar?

Ungelesener Beitragvon Kilo Mike Sierra » Di 18. Dez 2018, 16:06

Ja, auf deutscher Seite gab es das. Neben „Lichtenstein“ gab es auch noch „Berlin“ und „Neptun“.
Doch hatten die gegnerischen Flugzeuge ähnliche Radargeräte, die dem Abfangen von Flugzeugen dienten?
Ich weiß nur von Bordradargeräten der Alliierten, die der Navigation dienten.

Zu der Frage, ob es sich um ein Stealth-Flugzeug gehandelt hat, gibt es nur Behauptungen, jedoch keine Indizien oder Beweise.
Erst nachdem Reimar Horten 1983 geschrieben hatte, daß er geplant habe, bei der Serienausführung die Sperrholz-Lamellen mit holzkohlehaltigem Leim zu verkleben, um die Entdeckung durch Radar zu erschweren, ging es los mit dem Mythos vom Tarnkappen-Flugzeug. Verstärkt wurde er mit dem Bekanntwerden der Northrop B-2 (ca. 1986), die als Stealth Bomber entwickelt worden war. Salonfähig wurde der Mythos spätestens 2009 durch eine Sendung von National Geographics mit dem Titel „Hitler‘s Stealth Fighter“. Die Produktionsfirma hieß bezeichnenderweise Myth Merchant Films, also in etwa Mythos-Händler Filmproduktion. Der Rest war dann ein Selbstläufer.

Für diese Sendung wurde auch eine 1:1 Holzreplica gebaut, allerdings ohne die innenliegende tragende Metallkonstruktion (und mit welchem Leim im Sperrholz?). Dieser nicht sehr getreue Nachbau wurde dann für die Sendung von Northrop-Grumman auf ihren effektiven Radarquerschnitt getestet. Das Ergebnis war nicht sensationell. Im Vergleich zu einer (echten) Bf 109 hatte das Modell der Ho 229 einen frontalen Radarquerschnitt von 40%, was die Entdeckungsreichweite dieser Grumman-Horten im Vergleich um ca. 20 Prozent reduziert hätte. Es wäre vor allem die Annäherungsgeschwindigkeit von knapp 1000 km/h, die die Ho 229 in Vorteil gebracht hätte, weil deutlich weniger Zeit für ihre Abwehr geblieben wäre.

Da ich keiner TV-„Dokumentation“ traue, habe ich mir jetzt den Forschungbericht zur radartechnischen Untersuchung des Horten-Nachbaus von Northrop Grumman bestellt. Mal sehen, ob ich den bekomme.

Es ist möglich, daß die oben erwähnte MDR-Sendung nicht als Kindersendung gedacht gewesen ist, aber der Moderator hat bei mir permanent diesen Eindruck erzeugt - und dazu noch der Titel der Sendung „Echt“.
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Thomas

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Re: Gab es 1944/´45 Kampfflugzeuge mit Bordradar?

Ungelesener Beitragvon bluemchen » Di 18. Dez 2018, 20:12

Zu den Alliierten meine ich,
die deutsche LW-Führung war im Gegensatz und zu dem Zeitpunkt immer der Getriebene, die zunehmenden massierten Angriffe, eben auch nachts, abzuwehren. Daraus ergaben sich die Entwicklungsauftrage an die Industrie, Technologien progressiv voranzutreiben. Insofern lagen die Notwendigkeiten bei den Alliierten etwas anders.

Der Begriff "Stealth" ist natürlich neuzeitlich besetzt, diese Technologie war seinerzeit absolut unbekannt, klar. Die Hortens waren aber unglaublich "besessen" und von einem inneren Rachegefühl aus der Familienhistorie getrieben, so daß gedankliche Höhenflüge dazu, daß der Gegner mich mit seiner (bodengestützten) FM-Technik nicht entdecken darf, nicht a´priori ausgeschlossen werden können. Das ist der Punkt.

Zu dem Northrop Nachbau meine ich,entnommen zu haben, daß es unter einem "secret" -Rahmen und relativ aufwändig erstellt wurde, der mit Film wenig zu tun scheint.
Die tragende Metallkonstruktion, auf die man verzichtete, wurde mittels Reflexanstrichen im Inneren imitiert, ebenso die TW und besonders TW-Einläufe, wie die Kabine/ Bordinstrumente, Haube als problematisches Teil, um doch eine annähernd identische Reflexionssignatur zu bekommen, wie sie gewesen sein könnte.

Interessant dürfte werden, wie Northrop auf das Ansinnen zur Labor- Einsicht reagieren wird. Die werden davon geplättet sein und zusagen - nee, ich glaube eher nicht. Der Versuch ist es wert.
Und was die Frontansicht des B-1 … es ist wohl ein Stück Horten dabei - und auch: Eine Geburtsstunde des Stealth gehört irgendwo festgemacht
- Was denkt die Gemeinde?
R.
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