Ungelesener Beitragvon Kilo Mike Sierra » Di 15. Okt 2013, 03:27
Im konkreten Fall ist es die immer wieder ins Spiel gebrachte Forderung, beim Ausleiten eines überzogenen Flugzustandes (incl. Trudeln) möglichst wenig Höhe oder nicht mehr als x ft Höhe zu verlieren.
Das wird so geübt und wohl auch unter diesem Gesichtspunkt geprüft.
Dabei ist diese Forderung nach einem sehr eng begrenzten Höhenverlust nicht nur unnötig und unsinnig, sondern auch gefährlich.
Fangen wir an mit unnötig. Es gibt keinen plausiblen Grund, weshalb man bei einem plötzlichen Stall in sagen wir 5.000 ft über Grund am Rande des Abgrundes balancieren soll, nur um ja nicht mehr als 200 ft Höhe zu verlieren. Das ist nicht nur unnötig, sondern zugleich auch unsinnig.
Gefährlich ist es deshalb, weil man damit dem Flugschüler beibringt, der Einhaltung der Flugbahn mehr Priorität einzuräumen als der erforderlichen Reduzierung des Anstellwinkels.
Wer beim Ausleiten eines Stalls noch auf den Höhenmesser schielt, um den Stall möglichst "sauber" oder optimal auszuleiten, der kann ganz schnell in den nächsten Stall-Zustand geraten, was auch als "secondary stall" bezeichnet wird. Ursache hierfür ist die voreilige Wiedererhöhung des Anstellwinkels durch Ziehen am Steuerknüppel, um die Flugbahn in den Horizontalflug überzuführen.
Bei einem "full stall" oder "deep stall", d.h. bei einer deutlichen oder sogar extremen Überschreitung des kritischen Anstellwinkels, kann ein kleines Flugzeug durchaus 1.000 ft Höhe zum sicheren Ausleiten erfordern. Bei einem großen Verkehrsflugzeug kommen wir u.U. in die Region von 10.000 ft.
Wer sich da irgendeiner Höhenbeschränkung unterwirft, obwohl er eigentlich noch ausreichend Platz nach unten hat, der provoziert den "secondary stall" und hat damit sofort sein Problem und den real erforderlichen Höhenverlust verdoppelt. Es gab sogar Fälle, wo sich das Ausleiten und das ungewollte "Wiedereinleiten" in den Stall zyklisch wiederholt hat - bis zum Aufschlag.
Ein weiteres Problem dieser Lehrbuchtexte ist, daß Verfahren beschrieben werden, die nur an der Grenze zum überzogenen Flugzustand ("stall entry") funktionieren - nicht aber als Ausleitverfahren für einen bereits eingetretenen Stall ("stall recovery"). Man kann damit nur verhindern, daß sich ein beginnender Stall zu einem richtigen Stall entwickelt. Wendet man die beschriebenen Verfahren für letztere Situation an, dann ist der Ausgang jedoch ungewiß.
Ich finde, man sollte schon auf den Höhenmesser schielen, aber nur um festzustellen, wieviel vertikalen Spielraum man insgesamt zur Verfügung hat.
Die Engländer und Amerikaner haben es gut. Während wir von Strömungsabriß oder überzogenem Flugzustand sprechen müssen, sagen sie einfach Stall und sind schon fertig.
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Thomas
Hier könnte ein flotter Spruch stehen.