Absturz der TU-134A CCCP-65795 nahe Schönefeld am 12.12.1986

thomas
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Re: Bohnsdorf 12.12.1986

Ungelesener Beitragvon thomas » Di 5. Jul 2011, 22:15

die maschine ist vor dem absturz nach prag umgeleitet wurden, da berlin, dresden und leipzig nicht aufnahmebereit waren sie hatten schlechte sicht. ich war dispatcher im gs-31 und hatte gerade dienst. ich war auch der, der die luftnotmeldung von schönefeld bekam und sie weitergab. ich hatte nur ein paar gedächtnislücken nach so viele jahren und fand hier im forum menschen, die diese wieder schließen konnten. ich danke euch dafür. es freut mich, dass einige wenige menschen doch überlebet haben. das wusste ich nicht. ich bin darüber sehr glücklich. danke!
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Kilo Mike Sierra
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Re: Bohnsdorf 12.12.1986

Ungelesener Beitragvon Kilo Mike Sierra » Mi 6. Jul 2011, 12:04

Flieger Bernd hat geschrieben:Ein Beteiligter schrieb

Hallo,
ich weiß gar nicht so wirklich wie ich anfangen soll.
Durch Zufall stieß ich auf dieses umfangreiche kompetente Forum.
Meine Suche lag eigentlich darin, daß ich endlich irgendwelche Informationen zu dem Flugzeugabsturz (12.12.1986) in Bohnsdorf erhalte.
Hier im Forum fand ich dann einen Anhaltspunkt und nun habe ich mich doch überwunden zu schreiben.
...
... Im Laufe der Jahre habe ich jetzt die wildesten Theorien und
Spekulationen schon zu Tage gefördert. Wo kann ich die Aufzeichnungen des Voice Recorder bekommen?
Oder wo kann ich dazu Unterlagen einsehen? Fragen über Fragen...
...
Ich saß damals in dieser TU-134, habe sehr schwer verletzt überlebt, mir geht es heute wieder gut und ich habe auch gut damit
abgeschlossen, nur eine Frage steht immernoch im Raum.... Wie und Warum ist es passiert.
Ich habe die Hoffnung, daß Sie oder jemand aus dem Forum weiter helfen könnten.
...

Bernd, ist das eine aktuelle Anfrage?
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Thomas

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Flieger Bernd
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Re: Bohnsdorf 12.12.1986

Ungelesener Beitragvon Flieger Bernd » Mi 6. Jul 2011, 19:29

Kilo Mike Sierra hat geschrieben: Bernd, ist das eine aktuelle Anfrage?

Nein Thomas, das ist eine alte PN an mich.
Ich habe geantwortet.
Nun ist einige Zeit vergangen und ich denke das darf hier gelesen werden.
Ich bin sehr sparsam mit solchen Vertraulichkeiten - ist verständlich !?
Der Betreffende war im Forum und hätte das auch hier offen schreiben können,
deshalb meine Zurückhaltung.
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il62flyer
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Re: Bohnsdorf 12.12.1986

Ungelesener Beitragvon il62flyer » Mi 6. Jul 2011, 22:31

....einer meiner damaligen Segelfluglehrer ist damals leider bei diesem Unglück auch ums Leben gekommen. In der MDR-Serie "Vergessene Katastrophen" war das Unglück auch Thema und auch meines Erachtens nach gut aufbereitet, ohne Sensationshascherei. Es lief auch gar nicht vor allzu langer Zeit mal wieder im späten Abendprogramm, wenn ich mich richtig erinnere.
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Kilo Mike Sierra
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Re: Bohnsdorf 12.12.1986

Ungelesener Beitragvon Kilo Mike Sierra » Fr 8. Jul 2011, 12:40

Voriges Jahr, d.h. 24 Jahre nach dem Unfall, ist in Berlin-Bohnsdorf an der Waltersdorfer Straße/Ecke Waldstraße ein Gedenkstein errichtet worden.

Durch die Medien werden leider bis heute die alten Gerüchte neu aufgekocht. Dabei war der Unfallhergang schon damals detailliert aufgeklärt worden (bis auf die leider nicht zu klärenden psychologischen Aspekte). Schlecht war allerdings die Information der Hinterbliebenen und der Öffentlichkeit. Heute gibt es all diese Beschränkungen nicht mehr, doch es wird nach wie vor schlecht recherchierter Unfug verbreitet.
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Thomas

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Re: Bohnsdorf 12.12.1986

Ungelesener Beitragvon lena02 » Do 11. Aug 2011, 22:59

Hallo! An Bord der Maschine war auch eine Schulklasse aus Schwerin auf der Rückreise von einer Klassenfahrt. Diese ging nach Brest und Minsk. Ich war damals 13 Jahre alt und auch mit einer Schülergruppe dort unterwegs. Wir hatten die gleiche Reiseroute, nur mit 2 Tagen Vorsprung. Wir haben die Schüler aus Schwerin in den jeweiligen Hotels getroffen und die Älteren von uns hatten auch "angebandelt". Wir sind am 10.12. von Minsk zurückgeflogen und wurden ebenfalls wegen schlechter Sicht umgeleitet. Wir sind in Leipzig gelandet und mit dem Zug nach Hause gefahren. Von dem Absturz habe ich dann am Wochenende aus dem Fernsehen erfahren. Dort wurden Bilder von Überlebenden des Unglücks gezeigt. Unter ihnen zwei der Schüler die ich kannte. Ich war fassungslos und es hat einige Zeit gedauert, bis ich verstand was passiert war. Montags in der Schule fand sich unsere Reisegruppe zusammen um über das Erlebte zu sprechen. Viele waren verwirrt und total aufgelöst. Wie schon gesagt, einige hatten engere Kontakte geknüpft und auch schon Briefe nach Schwerin geschickt, die Ihre Empfänger nie erreichen würden. Es dauerte nicht lange und wir wurden alle zum Schuldirektor bestellt. Uns wurde verboten über das Unglück und die Opfer zu sprechen oder gar Kontakt mit den Hinterbliebenen aufzunehmen. Ich war damals zu jung um die ganze Tragweite zu erfassen. Ich habe mich an die Anweisungen gehalten, mit dem Ergebnis, dass ich das alles komplett verdrängt und vorübergehend vergessen habe. Erst Jahre später kamen die Erinnerungen wieder hoch und beschäftigen mich immer noch. So habe ich diese Forum gefunden.

Viele Grüße
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Flieger Bernd
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Re: Bohnsdorf 12.12.1986

Ungelesener Beitragvon Flieger Bernd » Fr 12. Aug 2011, 18:21

Hallo Lena,
Dank für Deinen Beitrag - so sammeln sich hier Erinnerungen.

Und sei willkommen,
Flieger Bernd
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ricky.re
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Re: Bohnsdorf 12.12.1986

Ungelesener Beitragvon ricky.re » Mi 21. Dez 2011, 16:13

Hallo Lena und auch alle Anderen vom Luftfahrtforum,
..Eure Beiträge sind sehr aufschlussreich und recht eindeutig, tja auch nach so vielen Jahren kommt so einiges ans Tageslicht, wobei ja die damalige DDR-Regierung alles versucht hat(te) alles zu vertuschen und/oder zumindest anders darzustellen wie es war!
..da mich die ganze Geschichte zum Absturz der TU 134 in Bohnsdorf sehr interessiert hat bin ich letztes Jahr mal zu der"Eigentlichen Absturtzstelle) gereist.
Diese auch noch mit ein Nachhaken auf Google Earth zu finden ist (kurz vor der alten Landebahn 25L).
Naja und wo ich mich da umschaute war es schon sehr eigenartig und fand im Waldboden sogar ein Teilstück der Maschine etwa Handflächengroß!
Eventuell von einer Tragfläche oder ähnlich da es die eindeutigen Niet-Löscher aufweist. Was mich nur stutzig macht ist das ja eindeutig bei der Bergung schlampig vorgegangen sein muss, denn es ist schon so viele Jahre her und der Waldboden gibt ja nu eindeutig mehr und mehr davon preis!!
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EA-Henning
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Re: Bohnsdorf 12.12.1986

Ungelesener Beitragvon EA-Henning » Mi 21. Dez 2011, 16:51

Hallo Ricky,

was wurde vertuscht? Ich habe am 12. Dezember Geburtstag und erfuhr davon auch ueber unsere Medien davon. Es wurde natürlich andererseits nicht ausgeschlachtet, wie man es hätte heute gemacht. Vertuscht wurde da nichts.
Ob man bei der Rettungs Fehler machte, weiss ich nicht. Aber Fehler koennen passieren. Aber auch das passiert heute noch. Da denke ich nur an Eisenach 2008.
Und warum soll die Bergung "schlampig" sein? Nur weil Du ein paar Bleche findest? Ich kann Dir in meiner Heimatstadt aus dem Stehgreif sofort 5 Positionen zeigen, wo Flugzeuge im WW2 abgetürzt sind. Da liegen zum Teil die ganzen Wracks noch!
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Re: Bohnsdorf 12.12.1986

Ungelesener Beitragvon Kilo Mike Sierra » Mi 21. Dez 2011, 19:36

Das gefundene Teil deutet aufgrund seiner geringen Größe noch längst nicht auf eine nachlässige Bergung hin. Wie Henning schon geschrieben hat, es bleibt überall etwas liegen.


Unmittelbar nach dem Unfall wurde schnell (bereits in den 19.30-Uhr-Nachrichten), aber recht minimalistisch berichtet. In den Tagen danach gab es in den Medien Berichte über Rettungstaten, Überlebende, umfassende ärztliche Hilfe, Ministerbesuch im Krankenhaus und die Bergung des Wracks. Alle anderen niederschmetternden Aspekte dieses verheerenden Unfalles wurden nicht angesprochen, mit dem wiederum positiven Nebeneffekt, daß nichts ausgeschlachtet worden ist.
Es war in der DDR aufgrund der innerhalb der Obrigkeit stark verbreiteten Alles-läuft-bestens-Paranoia leider nicht üblich, amtliche Untersuchungsberichte zu veröffentlichen. Insofern wurde tatsächlich vertuscht.
Die später in den Medien veröffentlichte Erklärung zum Unfallhergang war zwar unangebracht kurz, aber immerhin korrekt in einem Satz zusammengefaßt: 'Die Besatzung hat gegen die Regeln des Landeanfluges verstoßen.' Damit konnte natürlich außerhalb der Fachkreise keiner etwas anfangen, die zudem ohnehin etwas besser informiert waren.

Wie später teilweise mit den Hinterbliebenen umgegangen wurde, das wurde natürlich verschwiegen und erst viel später bekannt. Gerade diese Menschen haben aber ein besonderes starkes Bedürfnis, zu erfahren, warum und vielleicht auch wie das alles passiert ist. Wenn ihnen dann noch (aus für mich bis heute nicht nachvollziehbaren Gründen) unvmißverständlich nahe gelegt wurde, über das Ereignis nicht zu sprechen und keine weiteren Fragen zu stellen, so können die seelischen Wunden erst recht nicht heilen. Dazu braucht man befriedigende Antworten.


Dieser Unfall gehört für mich in die ganz besonders dramatische Kategorie der Unfälle, die wirklich niemals hätten passieren dürfen.
Es begann ja mit kleinen verzeihlichen Fehlern: Freigabe falsch verstanden, falsche Bahn angeflogen, ... Das sind Fehler, die wohl überall auf der Welt immer wieder vorkommen, aber nicht dramatisch enden, weil die Fehler rechtzeitig erkannt (auch bei dem besagten Unglücksflug) und sogleich korrigiert werden. Letzteres wurde durch den Aeroflot-Kommandanten auch versucht, aber nicht mit dem einzig vernünftigen und zudem auch vorgeschriebenen Durchstart-Manöver, sondern durch blindes Herumkurven in Bodennähe und dazu noch im Dunkeln und bei schlechter Sicht. Blind deshalb, weil er bei seiner plötzlichen S-Kurve hinüber zur anderen Landebahn nicht einmal deren ILS-Anzeige auf den Instrumenten hatte. Wie sollte er auch, wo doch eben noch alles für den Anflug auf die Parallelbahn eingestellt war.

Es erscheint im Rückblick alles so unerklärlich leichtsinnig und fahrlässig...
Wir wissen nicht, welchen genauen Plan der Kommandant gefaßt und welche Erfolgsaussichten er sich dabei ausgerechnet hatte. Vielleicht konnte er die Anflugbefeuerung der anderen Bahn bereits ausmachen und glaubte, er würde einen Anflug nach Sicht hinbekommen - und dann hat ihm die schlechte Sicht einen Streich gespielt und er die Perspektive zur Landebahn falsch eingeschätzt und er kam bei seiner Kurve über dem durch die Dunkelheit schwarz verhüllten Wald bei Bohnsdorf viel zu tief.

Es war wohl damals auch nicht üblich, daß irgendein anderes Besatzungsmitglied die Entscheidung eines Kommandanten in Frage stellt und so gab es leider auch keinen Widerspruch.
Der Kommandant befand sich außerdem in einer Prüfungssituation mit starkem "Autoritätsgefälle" im Cockpit. Die Anwesenheit des dem Vernehmen nach recht gefürchteten Check-"Kapitäns" könnte erheblich zu seiner fast schon unerklärlichen Fehlentscheidung beigetragen haben. Daher habe ich weiter oben von psychologischen Aspekten gesprochen, die nicht mehr abschließend zu klären sind.

Die Aeroflot ist nach dem Unfall nicht zur Tagesordnung übergegangen. Er wurde für das Besatzungstraining als Fallbeispiel detailliert aufgearbeitet und dürfte wohl für viele noch heute fliegende Piloten als ewige Mahnung dienen, das fliegerische Glück nicht herauszufordern.


Ich glaube, daß es den meisten meiner ehemaligen Kollegen genauso geht wie mir. Wir können diesen schwarzen Tag einfach nicht vergessen.
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Thomas

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