Der Unfall der IL-62M DDR-SEW

EA-Henning
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Re: Der Unfall der IL-62M DDR-SEW

Ungelesener Beitragvon EA-Henning » Di 18. Jul 2017, 19:03

Nach der Startfreigabe wurden die Triebwerke aufgrund der geringen Startmasse von 113 Tonnen auf Nennleistung eingestellt, was eine erhöhte Belastung für den Bordingenieur darstellte, da diese Leistungsstufe nicht gerastet, sondern einreguliert werden muss und das akustische Warnsystem dabei ausgeschaltet ist.


Wie muss ich mir das vorstellen? Sitzt der Bordingenieur während des Reiseflugs fortwährend auf dem Stuhl und hält die Gashebel? Ich meine: "Nennleistung" ist doch sowas wie ein Normal und sollte doch meiner Meinung nach rastbar sein?
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Kilo Mike Sierra
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Re: Der Unfall der IL-62M DDR-SEW

Ungelesener Beitragvon Kilo Mike Sierra » Mi 19. Jul 2017, 10:40

Vollen Startschub einstellen ist einfach, weil man dafür die Schubhebel nur nach vorn an den Anschlag schieben muß. Nennleistung dagegen ist ein "Zwischenwert", den der Flugingenieur anhand der Triebwerksinstrumente einstellen und auch etwas einregulieren muß.

Das akustische Warnsystem für fehlerhafte Startkonfiguration wird bei der Il-62M nur dann aktiviert, wenn die Schubhebel auf Maximum gefahren werden. Das Flugzeug war ursprünglich dafür ausgelegt worden, ausschließlich mit Startleistung gestartet zu werden.
Die Idee mit Nennleistung zu starten, wurde erst später (bei INTERFLUG?) geboren, um die Triebwerke zu schonen und die Lärmentwicklung zu reduzieren. Ich könnte mir vorstellen, daß das OKB Iljuschin von dieser Idee nicht gerade begeistert war.
Beim Start mit Nennleistung muß die Überprüfung der korrekten Startkonfiguration (u.a. Ruderarretierung gelöst) unbedingt von der Besatzung selbst und noch einmal ganz bewußt ausgeführt werden.
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Re: Der Unfall der IL-62M DDR-SEW

Ungelesener Beitragvon EA-Henning » Mi 19. Jul 2017, 11:01

Okay, dass war mir so nicht bekannt. War das bei vergleichbaren Flugzeugen wie etwa Boeing 707 ähnlich? Bei den Computerfliegern ist ja der Start mit unterschiedlichen Leistung bekannt.
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Re: Der Unfall der IL-62M DDR-SEW

Ungelesener Beitragvon Kilo Mike Sierra » Mi 19. Jul 2017, 11:20

Unter anderem bei der 737 wurde das schon lange so gemacht. 1982 beim Absturz der Air Florida 737-200 in den vereisten Potomac in Washington DC spielte das Einregulieren der reduzierten Startleistung auch eine Rolle. Dort waren die Drucksensoren an den Triebwerken vereist (und nicht nur die), woraufhin anhand der falsch anzeigenden Triebwerksinstrumente ein viel zu geringer Startschub eingestellt wurde.
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Re: Der Unfall der IL-62M DDR-SEW

Ungelesener Beitragvon bluemchen » So 8. Okt 2017, 15:43

EA-Henning hat geschrieben:
Nach der Startfreigabe wurden die Triebwerke aufgrund der geringen Startmasse von 113 Tonnen auf Nennleistung eingestellt, was eine erhöhte Belastung für den Bordingenieur darstellte, da diese Leistungsstufe nicht gerastet, sondern einreguliert werden muss und das akustische Warnsystem dabei ausgeschaltet ist.

Wie muss ich mir das vorstellen? Sitzt der Bordingenieur während des Reiseflugs fortwährend auf dem Stuhl und hält die Gashebel? Ich meine: "Nennleistung" ist doch sowas wie ein Normal und sollte doch meiner Meinung nach rastbar sein?

Um noch einmal darauf zurückzukommen - Thomas hat es topp erläutert - fand ich per Zufall ein Mitflug-Video mit primärer Aufmerksamkeit auf die Flugführung der Crew vom (Vor)Start an.
Beachte bitte den FI, wie er mit den, mit "seinen" Schubreglern umgeht. Auch die Ruderprüfung der Crew in der 5. Minute!
Er kennt offensichtlich "seine" TW und hält die Anzeigen ständig im Blick mit der Notwendigkeit, minimale, besser filigrane Nachregelungen der TW 1 ... 4 separat fingerfein zu machen. Vergleichbar mit einem Organisten, was das Tonvolumen e.t.c. betrifft:

(Jetzt habe ich erst mal lange gesucht) Hier ist es : https://www.youtube.com/watch?v=xwn1Ag5Hd5Y
>>> 1h 15´ man muß ein bischen Zeit mitbringen, hoch interessant :-)
Dann einen guten Arbeits- Mitflug
R.
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*Träger der Roten Mainelke und des aberkannten Status GDR, gedient in Fremden Streitkräften*


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