Flugunfall Il-18W der ČSA in Bayern

Kilo Mike Sierra
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Flugunfall Il-18W der ČSA in Bayern

Ungelesener Beitragvon Kilo Mike Sierra » Sa 21. Feb 2015, 12:54

Am 28. März 1961 stürzte die Iljuschin Il-18W OK-OAD der ČSA auf dem Weg von Prag nach Bamako ab. Der Absturz geschah aus Reiseflughöhe, wobei das Flugzeug im weiteren Verlauf auseinanderbrach und bei Grafenberg (nahe Nürnberg) aufschlug. Bei diesem Unfall kamen alle 52 Insassen ums Leben. Die Unfallursache konnte nicht festgestellt werden.

Gehlen's Bundesnachrichtendienst (BND) hatte damals nichts besseres zu tun, als eines der vier PTL-Triebwerke vom Typ AI-20 "abzuzweigen" und der CIA zu übergeben. Diese beauftragte dann Spezialisten der US Air Force, eine technische Analyse des Triebwerkes vorzunehmen. Hierbei handelte es sich offensichtlich um einen Fall von Industriespionage.
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Re: Flugunfall Il-18W der ČSA in Bayern

Ungelesener Beitragvon heiko76 » Sa 21. Feb 2015, 22:02

Kilo Mike Sierra hat geschrieben:Gehlen's Bundesnachrichtendienst (BND) hatte damals nichts besseres zu tun, als eines der vier PTL-Triebwerke vom Typ AI-20 "abzuzweigen" und der CIA zu übergeben. Diese beauftragte dann Spezialisten der US Air Force, eine technische Analyse des Triebwerkes vorzunehmen. Hierbei handelte es sich offensichtlich um einen Fall von Industriespionage.


Das hat man doch auf der anderen Seite sicherlich auch nicht anders gehandhabt.
War da nicht mal ein Vorfall mit einer PanAm auf ostdeutschen Boden?
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Re: Flugunfall Il-18W der ČSA in Bayern

Ungelesener Beitragvon Kilo Mike Sierra » So 22. Feb 2015, 13:20

Ja, dieses sehr verwerfliche Treiben gab es auch auf sowjetischer Seite, wie zum Beispiel bei der von Dir erwähnten Pan Am Boeing 727 (N317PA), die am 15. November 1966 auf dem Flug von Frankfurt am Main nach Berlin-Tegel bei Dallgow (DDR) im nächtlichen Schneetreiben mit dem Gelände kollidiert war. Den US-Behörden wurde im Grunde genommen nur eine leere Flugzeughülle übergeben. Ein Triebwerk, beide Flugschreiber, Avionik, Geräte und Ausrüstung - all das war nicht ausgehändigt worden. Ein schönes Beispiel für die Nichtachtung internationaler Abkommen.
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Re: Flugunfall Il-18W der ČSA in Bayern

Ungelesener Beitragvon bluemchen » So 22. Feb 2015, 21:15

Jungs,
habt Ihr am Sonntag keine besseren Nachrichten? Wenn ich das so lese, macht es mich im Nachhinein noch betroffen. Ich weiß nicht (mehr), wie solche Ereignisse seinerzeit Zeit kommuniziert wurden. Aus den Gegebenheiten der funkelektronischen Aufklärung aus den zeitweiligen Luftverbindungswegen wäre es nachvollziehber, entsprechende Untersuchungen zu veranlassen. Dann aber auch mit der Maßgabe der Rückführung der technischen Positionen. Das war aber keine Entscheidungshoheit der DDR-Organe. Nja, mit Sicherheit verwerflich, keine Frage. Und auch gut, daß diese Epoche (des kalten Krieges)vorüber ist.
Guten Sonntag Abend
Rainer
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Re: Flugunfall Il-18W der ČSA in Bayern

Ungelesener Beitragvon Kilo Mike Sierra » Mi 25. Feb 2015, 21:08

Kommunikation war damals nicht die so Stärke der östlichen Seite - und die westliche eiferte mit großem Erfolg nach. ;-)

Was hätte man mit funkelektronischer Aufklärung ändern können?
Das Wrack lag innerhalb der Berlin CTR auf DDR-Gebiet auf einem sowjetischen Truppenübungsplatz. Die Amerikaner konnten zwar den Absturzort legal mit Hubschrauber überfliegen (und machten sicherlich auch ein paar Fotos), aber an der Untersuchung wurde sie nicht beteiligt. Am Ende mußten sie das nehmen, was sie ausgehändigt bekamen.
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Re: Flugunfall Il-18W der ČSA in Bayern

Ungelesener Beitragvon bluemchen » So 1. Mär 2015, 14:33

Nee, mein Gedanke war ein anderer:

Die CIA organisierte ein umfassende Überwachung und Aufklärung (verständlicherweise) der Warschauer Pakt Staaten. Darunter die Aufklärung funkelektronischer Mittel aus der Luft, soweit man eben "reinsehen" konnte. Das war das ABfliegen der (Pakt)Grenze über der Ostsee und an Land bis runter Bayern. Von 1966 - 1998 kam (zusätzlich) wöchentlich auch die "Schwarze Lady" - SR-71 - von Mildenhall (GB) für Europa zum Einsatz - der schnellste je gebaute Wahnsinn des kalten Krieges.
Die Luftverbindungswege nach Berlin waren dabei gerade die Made im Speck für die CIA. Das niedrige Höhenreglement war dieser Tatsache geschuldet, die Aufklärungstiefe zu beschränken.
Und mit dem Absturz ergab sich die einmalige Gelegenheit einer gründlichen Untersuchung nach möglicher (illegaler) Aufklärungstechnik in den Zivilmaschinen.
Ob man etwas dazu fand weiß ich nicht, es wäre politisch brisant gewesen. Aber das US Hubschrauber hier eine Freigabe erhielten, galte ich fast für unmöglich. Es sei denn, mit der sowjetischen Seite wurde eine diplomatische Sonderregelung getroffen.
R.
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Re: Flugunfall Il-18W der ČSA in Bayern

Ungelesener Beitragvon Kilo Mike Sierra » So 1. Mär 2015, 18:25

Es bedurfte überhaupt keiner Aufklärungstechnik an Bord der zivilen Flugzeuge von Pan Am, Air France und BEA, die durch die Alliierten Luftkorridore flogen. Dazu waren spezielle Militärflugzeuge im Einsatz, die regelmäßig und völlig ungehindert die Korridore und die riesige Berliner Kontrollzone (Berlin CTR) abflogen. Wer sich dafür interessiert, sollte einfach mal im Internet nach "The Berlin For Lunch Bunch" suchen. Das waren die Leute, die vormittags mit offenen Augen und Ohren nach Berlin flogen, auf der Tempelhof Air Base ihre Mittagspause nahmen, um nachmittags genauso aufmerksam wieder zurückzufliegen.

Die Luftverkehrswege nach Berlin wurden 1945 festgelegt, als der Kalte Krieg noch nicht geboren war. Die damals festgelegte Höhenbeschränkung der Luftkorridore ergab sich aus ihrem Verwendungszweck für den Lufttransport zwischen den westlichen Besatzungszonen und den Westsektoren in Berlin. Damals waren zudem noch keine Transportflugzeuge oder Verkehrsflugzeuge mit Druckkabinen unterwegs. Alle anderen Flugzeugtypen, die hätten höher fliegen können (z.B. Kampfflugzeuge, Bomber), sollten diese Luftverbindungswege ohnehin nicht benutzen.
Als in späteren Jahren eine Anhebung der Obergrenze diskutiert wurde, sperrte sich die sowjetische Seite dagegen. Zum einem aus dem von bluemchen genannten Grund, um die "Sichtweite" gering zu halten. Zum anderen hätten die drei dicht beflogenen Luftkorridore mit einer deutlich höheren Obergrenze ein formidables Hindernis für den militärischen Flugverkehr in Nord-Süd-Richtung über der westlichen Hälfte der DDR dargestellt. Es blieb alles beim Alten und so konnten die Aufklärungsflugzeuge beider Seiten weiterhin ungehindert in großer Höhe an der innerdeutschen Grenze hoch- und runterfliegen.

Die militärischen Flugzeuge und Hubschrauber der westlichen Alliierten benötigten keine sowjetische Freigabe, um innerhalb der Berlin CTR zu operieren. Da wären sie auch sicher nie in die Luft gekommen.
Alle Belange des Flugverkehrs in sowie von/nach Berlin durch die Alliierten Luftkorridore, vor allem die strittigen Fragen, wurden durch das Berlin Air Safety Center (BASC) beim Alliierten Kontrollrat geklärt. Diese war eine der wenigen wirklich gut funktionierenden Viermächte-Institutionen in der Stadt. Sie war sogar die einzige, die den Kalten Krieg überstand, denn sie existierte bis zur Aufhebung der Teilung Berlins. Die operative Flugleitung innerhalb der Berlin CTR (abzüglich des Schönefelder Nahverkehrsbereiches) oblag dem Berlin Air Route Traffic Control Center (BARTCC) auf der Tempelhof Air Base.


Oh, sind wir weit vom Thema abgekommen...
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Re: Flugunfall Il-18W der ČSA in Bayern

Ungelesener Beitragvon bluemchen » Mo 2. Mär 2015, 23:16

>>> Nun, so sehr weit ist Thomas nicht vom Thema weg, mit den Korridoren hing ja vieles zusammen.
Deswegen „danke schön“ für die ausführliche Darstellung der Dinge, die heute vermutlich kaum noch jemandem in der Wahrnehmung sind. Somit ist es schon gut, es angesprochen zu haben
Zum Einsatz der (US Wiesbadener) FM/Foto-Aufklärer sollte angemerkt sein, dass „wir“ schon wussten, welche Vögel zu welchen Zeiten in den Korridoren sich bewegten. Auch „wie“ sie sich bewegten (an den Randzonen e.t.c.) lies zudem Schlussfolgerungen zu. Aufklärer mit „Aufklärung an sich“ war nicht erlaubt, die hätten die Sowjets zu einer gezielten Landung geführt, wenn es eindeutig erkenntlich war.
So wurden diese Flüge immer alias, getarnt als VIP oder eben Liaison-Flüge realisiert und damit war die Eindeutigkeit hin. Es galt das Prinzip der stillen Duldung mit gewiß einer (namenlosen) Gegenleistung (vermutlich).
Diese detaillierten Kenntnisse aus der Luftraumüberwachung der Sowjets (im Zusammenwirken) aber führte zu verschiedenen Gegenmaßnahmen, wie dem Abschalten sensibler Technik/Bodenstationen, FM-Gegenwirkung, Zuschalten von Täuschungsmitteln …

Da Aufklärung auch immer komplex ist, war es nicht von der Hand zu weisen, dass (die CIA) mit Geräten in den Linienmaschinen der PanAm … eben die Gegenmaßnahmen eliminieren und zu Erkenntnissen kommen konnte/wollte. Deren Finger findest du überall, bis hin zum Maidan ´14, wobei wir schon wieder weg vom Thema wären.
Das meinte ich (auch) zum Hintergrund der Wrackuntersuchung, wobei wir wieder beim Thema wären.
(Anm. am Rande: Da Wiesbaden Erwähnung fand – ich möchte nicht wissen, in wie vielen Rechnern diese Koordinaten standen …Doch das ist schon wieder ein anderes Thema. Gut, dass es vorbei ist):
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Re: Flugunfall Il-18W der ČSA in Bayern

Ungelesener Beitragvon Kilo Mike Sierra » Mi 4. Mär 2015, 00:30

Die alliierten Luftkorridore wurden mit Ausnahme der westlichen Hälfte des Süd-Korridors zweispurig beflogen, somit natürlich nahe an beiden Rändern. Das war möglich durch die "strategisch" geschickte Aufstellung der Berliner VORTAC-Anlagen Tempelhof, Tegel und Havel.
Vor der Installation dieser VORTAC-Funkfeuer wurde von den Briten an Bord einer BEA-Verkehrsmaschine (HS 121 Trident 3 ?) ein neuartiges Flächennavigationssystem über dem Gebiet der DDR (zwischen Eisenach und Berlin) erprobt, was den gleichen Zweck wie den später mit VORTAC realisierten verfolgte: Erhöhung der Kapazität in den höhenbeschränkten Luftkorridoren.
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