Berlin-Überflugverbot und Landeverbot ausnahmslos?

Moderator: Kilo Mike Sierra

joschie99
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Berlin-Überflugverbot und Landeverbot ausnahmslos?

Ungelesener Beitragvon joschie99 » Do 23. Okt 2008, 18:35

War das Verbot des Überfluges des Stadtgebietes bis 1990 für ost- und westdeutsche Flugerätbetreiber eigentlich ausnahmslos? Oder konnte zum Beispiel ein Patient bis zur Charite geflogen werden. Ohne in SXF in den Krankenwagen umgeladen werden zu müssen. :?:
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Kilo Mike Sierra
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Re: Berlin-Überflugverbot und Landeverbot ausnahmslos?

Ungelesener Beitragvon Kilo Mike Sierra » Do 23. Okt 2008, 22:11

Es gab kein Überflugverbot im eigentlichen Sinne, aber eine Reihe von Beschränkungen - und es war immer kompliziert.

Die Berliner Kontrollzone (Berlin CTR) hatte einen Radius von 32 km mit dem Gebäude des Alliierten Kontrollrates am Kleistpark als Mittelpunkt. Diese CTR hatte eine Obergrenze von 3.050 m (10.000 ft), d.h. oberhalb konnten die Sowjets, die NVA und auch zivile Flugzeuge das Berliner Stadtgebiet überfliegen, ohne die Alliierten zu fragen.

Die Interflug und auch Hubschrauber der Volkspolizei konnten im Ostberliner Stadtgebiet bis zu einer gewissen Höhe frei operieren, wobei sie Funkkontakt mit dem Tower in Berlin-Schönefeld hielten und den Überflug bestimmter Navigationspunkte meldeten (z.B. S-Bahnhof Ostkreuz oder Wasserturm Altglienicke).

Der südöstliche Teil der Berlin CTR war hinsichtlich der Flugsicherung defacto an die Sowjets bzw. später an DDR abgetreten worden, so daß die An- und Abflüge auf den Flughafen Berlin-Schönefeld ohne jegliche Koordinierung mit der alliierten Flugsicherung in Tempelhof stattfinden konnten. (Diese Duldung war immerhin eine der seltenen Vernunftslösungen im Kalten Krieg.)

Innerhalb der eigentlichen Berlin CTR flogen nur die Militärs der Westalliierten (sehr selten die Sowjets) sowie ihre Fluggesellschaften. Bekannt sind hier vor allem Pan Am, Air France, BEA und später British Airways - sie waren aber nicht die einzigen.
Sogar der erste in West-Berlin stationierte Rettungshubschrauber (ADAC, Christoph 31?) trug eine N-Registrierung, war also in den USA eingetragen.

Darüber hinaus besaß die polnische Fluggesellschaft LOT das Privileg zum Einflug in die Berlin CTR sowie zur Nutzung der Luftkorridore nach Westdeutschland. Hintergrund hierfür war der Sitz der polnischen Exilregierung in London.

Etwa ab den 70er Jahren beantragten einige nicht-alliierte Fluggesellschaften Einflug- und Landerechte für die alliierten Lufträume, die teilweise sogar genehmigt worden. Dazu gehörten AUA, SAS, KLM, Swissair und SABENA. Allerdings scheiterte die praktische Umsetzung dieser Flugpläne an verschiedenen politischen Hindernissen. (Um dazu mehr zu sagen, müßte ich allerdings erst noch einmal alte Zeitungsmeldungen herauskramen.)
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Re: Berlin-Überflugverbot und Landeverbot ausnahmslos?

Ungelesener Beitragvon joschie99 » Fr 24. Okt 2008, 08:33

Ich war im Mai 1990 kurz vor der Wiedervereinigung in Tegel gewesen. Bin mir fast sicher, dort schon die ersten Lufthansa-Maschinen gesehen zu haben die Berlin ansteuerten.
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Kilo Mike Sierra
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Re: Berlin-Überflugverbot und Landeverbot ausnahmslos?

Ungelesener Beitragvon Kilo Mike Sierra » Fr 24. Okt 2008, 15:26

Im Mai 1990? Erstaunlich. Zu dieser Zeit bin ich gelegentlich dienstlich von Berlin-Tegel nach Frankfurt/M. geflogen. Das waren Flüge mit 727 oder A310 der Pan Am sowie 737 der EuroBerlin France.
Wenn meine Erinnerung stimmt, gab es zu diesem frühen Zeitpunkt noch keine Linienflüge der Lufthansa nach Berlin-Tegel oder -Tempelhof. Nach Berlin-Schönefeld aber durchaus.
Die Lufthansa kam doch erst nach Übernahme der am Abgrund stehenden europäischen Pan Am so richtig ins Berlin-Geschäft.

Joschie99, ich glaube ich muß mal wieder ganz tief in meinen Archivkeller hinuntersteigen - und meine Erinnerungen überprüfen.

An der EuroBerlin France waren Air France mit 51% und Lufthansa mit 49% beteiligt. Mehr deutsche Beteiligung an einer Fluggesellschaft im Berlin-Verkehr war nicht gestattet, um die Alliierten nicht zu brüskieren.
Die EuroBerlin setzte britisch registrierte 737 der Monarch Airlines im Wet-Lease ein. Das Kabinenpersonal war jedoch deutsch. Der Kabinenservice war luxuriös im Vergleich zu dem was heute von renommierten Fluggesellschaften auf der Linie TXL-FRA geboten wird.
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Re: Berlin-Überflugverbot und Landeverbot ausnahmslos?

Ungelesener Beitragvon joschie99 » Fr 24. Okt 2008, 15:55

Kann schon sein, dass ich es mit der "Deutschen BA" verwechsele. Die zu einem gehhörigen Anteil der "British Airways" gehörte.
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Re: Berlin-Überflugverbot und Landeverbot ausnahmslos?

Ungelesener Beitragvon EA-Henning » Fr 24. Okt 2008, 16:07

Die Deutsche BA, früher Delta Air, existiert erst seit 1992.
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Re: Berlin-Überflugverbot und Landeverbot ausnahmslos?

Ungelesener Beitragvon joschie99 » Fr 24. Okt 2008, 17:32

Na gut, meine Erinnerungen verblassen halt. Ist eben schon 18 Jahre her! Ich war damals erst 10 Jahre alt! 8-)
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Re: Berlin-Überflugverbot und Landeverbot ausnahmslos?

Ungelesener Beitragvon Kilo Mike Sierra » Fr 24. Okt 2008, 21:39

Meine Erinnerungen sind natürlich auch etwas verblaßt. Daher bin ich in mein "Archiv" hinabgestiegen und auch fündig geworden.

Die Lufthansa hat am 28. Oktober 1990 den Liniendienst nach Berlin aufgenommen. Anfangs wurden dafür sieben Boeing 727 der gerade "aufgefangenen" Pan Am im Wet-Lease eingesetzt. Bis Mitte 1991 wurden diese dann durch Lufthansa-eigene 737-300 ersetzt.
Vor dem ersten Berlin-Anflug am 28. Oktober 1990 hatte die Lufthansa nur über die EuroBerlin France ein Standbein im Flugverkehr nach West-Berlin (s.o.).

Übrigens plante die Lufthansa zum gleichen Datum eine Non-Stop Verbindung zwischen Berlin-Schönefeld und Tokio mit 747-400. Aufgrund ungeklärter verkehrsrechtlicher Probleme zwischen Deutschland und Japan, aber auch zwischen der Sowjetunion und Japan, kam diese Verbindung vorerst nicht zustande.
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Re: Berlin-Überflugverbot und Landeverbot ausnahmslos?

Ungelesener Beitragvon joschie99 » Sa 25. Okt 2008, 07:21

Danke für die Nachhilfe!
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Re: Berlin-Überflugverbot und Landeverbot ausnahmslos?

Ungelesener Beitragvon Sadowa » Mi 25. Feb 2009, 20:00

Kilo Mike Sierra hat geschrieben:Es gab kein Überflugverbot im eigentlichen Sinne, aber eine Reihe von Beschränkungen - und es war immer kompliziert.

Darüber hinaus besaß die polnische Fluggesellschaft LOT das Privileg zum Einflug in die Berlin CTR sowie zur Nutzung der Luftkorridore nach Westdeutschland. Hintergrund hierfür war der Sitz der polnischen Exilregierung in London.



ZITAT aus planeboys.de

LOT führte erstmals, mit einer Ausnahmegenehmigung der Allierten, einen Hilfsflug für die Opfer eines Bergwerkunglückes von Berlin-Tegel nach Kattowicz durch.

AN-24 LOT 26.07.1969 in TXL
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