Ein interessanter - wenn auch aus heutiger Sicht sehr verklärter - Bericht aus 2006, das 19 Jahre(!) zurück liegt. Die Realität heute sieht ganz anders aus.
Beispiel gefällig? Das sehr anspruchsvolle und anfangs auch vielversprechende Projekt MS-21 scheint immer mehr in Rückstand zu geraten. Im Monat Januar diesen Jahres konnten wohl nur 2 Erprobungsflüge mit 73054 durchgeführt werden mit insgesamt etwas mehr als 8 Stunden Erprobungszeit.
Ein Zitat aus "rusavia.su":
Diese Aussage von Sergej Tschemesow ist ein weiterer Beweis dafür, dass die im Frühjahr 2024 im Rahmen des Integrierten Programms für die Entwicklung der russischen Luftfahrtindustrie überarbeiteten Pläne von der Realität abgekoppelt sind und nicht innerhalb des erforderlichen Zeitrahmens und in vollem Umfang erfüllt werden können.
Dem Programm zufolge soll(te) das Irkutsker Luftfahrtwerk (IAZ) im Jahr 2025 neun und im Jahr 2026 31 Flugzeuge des Typs MC-21-310 herstellen. Die Äußerungen von Chemezov deuten darauf hin, dass in diesem Jahr keine Flugzeuge an Kunden ausgeliefert werden.
Übersetzt mit DeepL.com (kostenlose Version)
Von den Gewichtsproblemen ist da noch nichts erwähnt, an anderer Stelle wird das aber getan und auf die (noch zu konstruierende und zu bauende MS-21-210) hingewiesen.
So scheint sich die russische (zivile) Luftfahrtindustrie heute darzustellen. Traurig.
Der heutige Stand der russischen Luftfahrtindustrie
Moderator: Kilo Mike Sierra
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Re: Der heutige Stand der russischen Luftfahrtindustrie
Im Rückblick kann man vom bequemen Sessel aus viele Fehler erkennen.
1) Der riesige Binnenmarkt wurde nicht geschützt. Zwar erhob man hohe Einfuhrzölle auf nicht-russische Flugzeuge, doch es wurde zugesehen, wie die Fluggesellschaften diese durch flächendeckende Ausflaggung umgingen. Selbst der Aeroflot ließ man das durchgehen. Da hätte ein vernünftiger Mittelweg gefunden werden müssen.
2) Im Einsatz erfolgreiche (nicht unbedingt ökonomische) Flugzeugtypen wurden nicht weiterentwickelt, so wie das Boeing mit der 737 gemacht hat. Stattdessen verzettelte man sich praktisch mit allen Neuentwicklungen. Beispiele dafür sind für mich die Jak-40 und die Tu-154. An Stelle letzterer sollte unbedingt dieser 757-Verschnitt namens Tu-204 treten. Selbst aus der gelungenen Il-96 machten sie keinen Erfolg.
3) Die Luftfahrtindustrie wurde zu sehr vom Ausland abhängig gemacht, insbesondere bei der Avionik und den Triebwerken.
4) Die fremdgesteuerte Verfeindung zwischen Ukraine und Russland schadet den Luftfahrtindustrien beider Länder ganz erheblich. Oleg Konstantinowitsch dürfte seit Jahren im Grab rotieren.
5) Die durch Korruption und illegale Privatisierungen (über Nacht vom KPdSU-Funktionär zum "Oligarchen") gekennzeichnete Jelzin-Ära hat in der Wirtschaft viele Weichen in die falsche Richtung gestellt.
Zusammenfassung: An einem Mangel an Know-How liegt es nicht.
1) Der riesige Binnenmarkt wurde nicht geschützt. Zwar erhob man hohe Einfuhrzölle auf nicht-russische Flugzeuge, doch es wurde zugesehen, wie die Fluggesellschaften diese durch flächendeckende Ausflaggung umgingen. Selbst der Aeroflot ließ man das durchgehen. Da hätte ein vernünftiger Mittelweg gefunden werden müssen.
2) Im Einsatz erfolgreiche (nicht unbedingt ökonomische) Flugzeugtypen wurden nicht weiterentwickelt, so wie das Boeing mit der 737 gemacht hat. Stattdessen verzettelte man sich praktisch mit allen Neuentwicklungen. Beispiele dafür sind für mich die Jak-40 und die Tu-154. An Stelle letzterer sollte unbedingt dieser 757-Verschnitt namens Tu-204 treten. Selbst aus der gelungenen Il-96 machten sie keinen Erfolg.
3) Die Luftfahrtindustrie wurde zu sehr vom Ausland abhängig gemacht, insbesondere bei der Avionik und den Triebwerken.
4) Die fremdgesteuerte Verfeindung zwischen Ukraine und Russland schadet den Luftfahrtindustrien beider Länder ganz erheblich. Oleg Konstantinowitsch dürfte seit Jahren im Grab rotieren.
5) Die durch Korruption und illegale Privatisierungen (über Nacht vom KPdSU-Funktionär zum "Oligarchen") gekennzeichnete Jelzin-Ära hat in der Wirtschaft viele Weichen in die falsche Richtung gestellt.
Zusammenfassung: An einem Mangel an Know-How liegt es nicht.
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Thomas
Hier könnte ein flotter Spruch stehen.
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Re: Der heutige Stand der russischen Luftfahrtindustrie
Ich bin mit Deiner Sicht der Dinge völlig konform und sehe die Ursachen somit auch so.
Mich hat lediglich die bis zum heutigen Tag anhaltend verbreitete Ankündigung der anstehenden Großtaten gestört und tut es immer noch.
Mich persönlich beschäftigt die Frage, ob immer noch zu viele finanzielle Mittel in dunklen Kanälen versickern (Stichwort Oligarchen), die militärische Luftfahrt alles verschlingt oder die westlichen Sanktionen die Ursachen sind.
Mich hat lediglich die bis zum heutigen Tag anhaltend verbreitete Ankündigung der anstehenden Großtaten gestört und tut es immer noch.
Mich persönlich beschäftigt die Frage, ob immer noch zu viele finanzielle Mittel in dunklen Kanälen versickern (Stichwort Oligarchen), die militärische Luftfahrt alles verschlingt oder die westlichen Sanktionen die Ursachen sind.
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Re: Der heutige Stand der russischen Luftfahrtindustrie
Das Elend mit den großen Ankündigungen und den "unfertigen" Ergebnissen oder nicht vorhandenen Märkten/Abnehmern fing schon lange vor den Sanktionen an.
Wenn es dazu fundierte Analysen gibt (anders als meine oben), dann würde ich die gern lesen. Aus der Ferne zusehen (ohne alles zu verstehen) tut ja schon weh.
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Thomas
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Re: Der heutige Stand der russischen Luftfahrtindustrie
Ich meine, Russland ist bezüglich Korruption noch immer problematisch. Aber bei weitem nicht mehr wie anfangs der 1990er Jahre. Hauptproblem sind eher: Abgewanderte, verentete oder verstorbene Fachleute. Nicht mehr existierende Firmen. Bzw. Firmen, die ein Schatten ihrer selbst sind.
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Re: Der heutige Stand der russischen Luftfahrtindustrie
EA-Henning hat geschrieben:Ich meine, Russland ist bezüglich Korruption noch immer problematisch.
Der CPI von 2024 sieht nicht gut aus. Russland gehört zu jenen 13 Ländern deren Wert sich in den letzten fünf Jahren verschlechterte. In der Darstellung findet sich Russland im letzten Viertel wieder. Aber daraus geht nicht hervor welche Auswirkungen Korruption auf die russische Luftfahrtindustrie hat.
https://www.transparency.de/cpi/cpi-2024
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