
Die Veranstaltug sollte um 10:00 Uhr beginnen, Gen. Dr. Jähn kam auch mit militärischer Pünktlichkeit gegen 09:45 in das Bürgerhaus. Innerhalb kurzer Zeit war er umringt von vielen Leuten, die sich Bücher, Postkarten und die anläßlich dieser Veranstaltung herausgegebenen Sondermarken vom Ehrengast signieren zu lassen. (auch ich hab meine eigentliche Abscheu gegen die Autogrammjäger überwunden und mich in die Wartenden eingereicht, um mein Buch über die Geschichte des Flugplatzes Marxwalde/Neuhardenberg signieren zu lassen).

Durch intensive Intervention des Leiters der Veranstaltung, Herrn Zimmermann (Leiter des Heimatvereines), wurde die wohl eher ungeplante AUtogrammstunde gegen 10:15 Uhr unterbrochen und Gen. Dr. Jähn konnte mit seinem Vortrag beginnen. Er spannte einen weiten Bogen von den Anfängen in der Raktengeschichte um Hermann Oberth (dem er persönlich verbunden war, er ist mit 95 Jahren 1989 in Nürnberg gestorben, Dr. Jähn war sogar auf persönliche Einladung zu seinem 95. Geburtstag in Nürnberg) über den Export der Raketentechnik aus Deutschland nach dem 2. Weltkrieg in die USA und die UdSSR, das bemannte sowjetische Raumfahrtprogramm, seinen eigenen Flug bis hin zur Zusammenführung der deutschen Raumfahrtwissenschftler nach 1989. Seine ungemein interessante Art zu erzählen, kleine Begebenheiten einzustreuen und auch mal konkrete Wahrheiten auszusprechen, machten den Vortrag zu einem unvergeßlichen Erlebnis. Leider bin ich nicht auf die Idee gekommen, den Vortrag aufzunehmen, es fände sich viel Erwähnenswertes. So berichtet er über die ersten Raumfahrer der Bundesrepublik, die im Sternenstädtchen zur Ausbildung waren und daß sie eine etwas andere (legerere) Auffassung von geordnetem Dienst als er und sein Double E. Köllner bei ihrer Ausbildung hatten.

Im Anschluß an seinen Vortrag stelle sich Dr. Jähn den Fragen aus dem reichlich voll besetzten Auditorium (es waren ca 200 Leuta anwesend, wesentlich mehr als erwartet), die er mit überlegener Ruhe und geschliffenen Worten beantwortete. Eine für mich eher nicht erwartete Frage beinhaltete die Zweifel am amreikanischen Mondflugprogramm, die der Vortragende geschickt aus der Welt räumen konnte.
Dann kam der große Moment, der Bürgermeister der Stadt ergriff das Wort und schritt zur Verleihung der Ehrenbürgerwürde. Eine Urkunde war hierzu vorbereitet

die dem zu Ehrenden selbstverständlich verbunden mit den obligatorischen, aber wirklich schönen Blumen für seine Ehefrau feierlich übergeben wurde.

Sichtlich bewegt dankte Dr. Jähn dem Gemeinderat, er hielt aus dem Stehgreif eine Dankesrede die es in sich hatte. In dieser rechnete er mit den (nachwendlichen) Schreibern einer Ortschronik ab, die ein Kluft zwischen dem "alten Dorf" und den 1960 neu dorthin versetzten Armeeeinheiten sehen wollte.
Im Anschluß daran sammelten sich wiederum viele Autogrammjäger um den Ehrengast, während ein Teil der Gäste sich zum ehemaligen Wohnhaus in der Siedlung der Armeeangehörigen begab. Dort hat der Heimatverein eine Tafel aufstellen lassen, die einerseits die 21. in der Reihe der Sehenswürdigkeiten darstellt, andererseits eine Erinnerung an die letzte Wohnung des Kosmonauten der DDR darstellt.

Mit gebührendem Abstand kam auch der Ehrengast, begleitet von einem größeren Teil seiner Familie, und die Tafel wurde von der zuständigen Amtsrätin enthüllt. Die anwesenden "professionellen Reporter" (der rbb war mit einem Fernsehteam vertreten und einige lokele Zeitungen sowie dpa hatten Photographen vor Ort) drängten sich so sehr um den Ort des Geschehens, daß kaum ein anderer etwas von der Enthüllung mitbekam. So hab auch ich vom "fallenden Vorhang" auch kein Bild. Nicht einmal die mehrfach geäußerte Bitte um Vergrößerung des Kreises um den Ort des Geschehens kamen die bildgeilen Photojäger nach.
Hier sehen wir also nur die Tafel nach der Enthüllung und ohne die beteiligten Personen.

Allerdings ist die Tafel eine kleine Blamage. Genauer betrachtet ist sie verbogen und schief, die Schweißnähte sehen aus wie von einem Lehrling in der ersten Woche gezogen und die Verschraubungen erinnern auch mehr an den Werkunterricht in der 5. Klasse. Selbst als Abiturient (denen man schon immer zwei linke Hände nachsagte) hätte ich mich nicht getraut, so etwas abzuliefern.

Alles in allem eine schöne Veranstaltung, die meine hohe Meinung über den ersten deutschen Kosmonauten nur noch erheblich erhöht hat.
Am Nachmittag hab ich die Chance, in Marxwalde.. (ach was, lassen wir das) zu sein genutzt, um die liebevoll restaurierte MiG21F13 zu betrachten. Aber dies ist eine andere Geschichte und soll ein anderesMal erzählt werden.
Axel