Mit Stand vom August 2024 sollen 29 Exemplare der TVS-2MS hergestellt worden sein. Während das Flugzeug alle Erwartungen erfüllt, ist sein hervorragendes Triebwerk vom Typ Honeywell TRE-331-12 zum Problem geworden. Nicht direkt das Triebwerk selbst, aber indirekt durch die hochwirksamen und sofort kriegsbeendenden Handelssanktionen der westlichen Länder.
Es gab mal eine Zeit, wo uns die (nach eigenen Angaben) progressive und friedliebende Linke eingeredet hat, der friedliche Handel zwischen den Völkern sei völkerverbindend und deshalb von immenser Bedeutung für den Weltfrieden. Heute ist angeblich das Gegenteil richtig (wieder nach eigenen Angaben).
Im Oktober 2022 hat der bevollmächtigte Vertreter des Präsidenten der Russischen Föderation im Fernöstlichen Föderationskreis, Juri Trutnew, das (generelle) Problem des russischen Flugzeugbaus folgendermaßen zusammengefaßt.
Die Herstellung des An-2-Flugzeugs dauerte zwei Jahre: Am 6. März 1946 wurde im Luftfahrtwerk Nowosibirsk ein Konstruktionsbüro gegründet, am 31. August 1947 startete das Flugzeug zum ersten Mal in die Lüfte und im August 1948 wurde es von der Luftfahrt der Sowjetunion übernommen, alle Arbeiten dauerten zwei Jahre.
Aber jetzt sieht alles ungefähr so aus: Wir arbeiten seit 2018 an dem Flugzeug «Baikal», und Kollegen sagen, dass es bestenfalls Anfang 2024 in Produktion gehen wird (ging es nicht). Das bedeutet, dass wir in 75 Jahren gelernt haben, dreimal schlechter zu arbeiten als in der Sowjetunion, und das in einer Situation, in der wir im Gegenteil schneller und intensiver arbeiten müssen.
Ja, dieses Problem muß selbst gemacht sein. Das kennen wir seit den 90er Jahren. Irgendwie erinnert das auch an den DDR-Flugzeubau: große Pläne, wunderbare Prototypen - und dann die Luft raus. Nur das war Mangelwirtschaft, staatlicher Dirigismus und Know-How-Verlust in den Westen.
Hat das post-sowjetische Russland etwa immer noch die gleichen Probleme? Ich würde zu gern eine Analyse darüber lesen.
Oleg K. Antonow hat mit der An-2 ein außergewöhnlich robustes und vielseitiges Flugzeug mit bemerkenswerten Kurzsstart- und Landeeigenschaften geschaffen. Seine großen Stiefel scheinen heute niemandem zu passen - trotz 3D-CAD, numerischer Strömungsmechanik und Pizzabestellung per Mobilfunk.
Eines zieht sich jedoch wie ein roter Faden durch die sowjetische und russische Luftfahrt-Industrie: Am Ende sind immer die Triebwerke das größte Problem. Kürzt man die Unwägbarkeiten der westlichen Politik aus der Gleichung heraus, bleibt immer die fehlende Eigenentwicklung übrig. So auch hier. Im Zusammenhang mit der TVS-2MS spricht man erneut von Re-Engineering zur "Lösung" der Triebwerksfrage.
Das Flugwesen, es entwickelt sich - aber ganz bestimmt nicht so. Warum legt man nicht fünf Jahre drauf bei der Triebwerksentwicklung und hat dann ein eigenes voll verstandenes und voll beherrschtes Triebwerk? Und dann geht das Ding in Großserie und deckt den Bedarf. So wie beim PTL- Triebwerk AI-20 zum Beispiel - eine Erfolgsgeschichte.
Ein besonderes Detail der TVS-2MS sollte nicht vergessen werden. Das sind keine neugebauten Flugzeuge, sondern Umbauten vorhandener An-2. Diese hat eine Grenznutzungsdauer von 20.000 Flugstunden. Es gibt noch viele An-2, die erst ca. 3.000 bis 5.000 Stunden erreicht haben. Diese werden dann in TVS-2MS (oder andere Varianten) umgebaut, wenn denn ein Triebwerk vorhanden ist.